Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 25. August 1940
Sonntag, den 25. Aug. 40
Meine liebe Mutter.
Der Kursus ist zu Ende – Gott sei Dank! Wir haben viel Neues gelernt, was schrieb ich Dir ja schon. Gute Infantristen sind wir geworden! Über den Erfolg kann ich Dir nichts mitteilen, da die Beurteilung noch nicht in Händen der Einheit ist. Wir glauben aber, daß es geklappt hat. 5 Wochen waren wir im Lager, wenn man die Zeit hinter sich hat erscheint sie einem schnell vorübergegangen zu sein.
Jedenfalls war es eine gute Schule und jetzt bin ich froh wieder im alten Quartier zu sein.
Seit einigen Regentagen ist heute wieder einmal Sonnenschein. Es ist direkt warm in der Sonne. Hier ist nun Alles was zu ernten ist unter Dach u. Fach. Viel ist es ja nicht. Heu ist die Hauptsache. Von Getreidearten wächst hier nur Hafer. Du fragst ob es hier oben Obst gibt! Leider nein – hier und da sieht man schon einmal rips og stikeboer. (Johannisbeeren u. Stachelbeeren) Aber im Berg gibt es Unmengen von Wald u. Preiselbeeren (blow-baers)
Der Mangel an Obst und Gemüse erklärt auch den schlechten Zahnzustand der meisten Norweger. Es ist einfach Mangel an Vitamin C (Avitaminose)
Im alten Quartier habe ich jemand vermißt, meine Erika. Dafür empfing uns aber Motorengebrumm und Hupensignal. Ich hoffe bald eine Fahrschule machen zu können. Das wäre das Hauptsächlichste aus meinem Leben hier im Hallingdal. Ich bin gesund, habe Hunger für Drei und habe mir die Aufgabe gestellt die verlorenen 15 Pfund schnell wieder aufzuholen.
Ich habe so das Gefühl und mit ihm geht Deine Meinung, mit Margret klappt es nicht so richtig. Sie schreibt, ja, aber ihre letzten Briefe sind direkt befremdend. Was zwischen uns getreten ist, ob ein Dritter, ob [..] Überlegungen, ich weiß es nicht. Eines nur weiß ich, daß so leid es mir tut sie zu verlieren, ich nicht kopflos werde. Ich bin noch jung genug, auch für mich wird sich schon eine gute und liebe Frau finden.
Gewiß böse kann ich Margret nicht sein, wenn Überlegungen uns trennen sollten. Der Herrgott wird es walten!
Froh bin ich zu hören, daß es Dir den Umständen entsprechend gut geht. Es tut mir leid Dich so allein und einsam, ohne wirklich verstehende Menschen zu wissen. Aber einmal hört auch Dein Alleinsein auf. Ein Jahr ist nun schon vorüber. Ein Jahr bin ich wieder Soldat. In dem Jahr habe ich Neues, auch Schönes, gesehen, geschadet hat es bestimmt nicht, nur ein Negatives hat es, ich bin wieder 1 Jahr älter geworden. Aber meinen Mut und meinen Frohsinn habe ich behalten.
Und nun grüßt Dich
mit einem treuen Kuß
Dein großer Junge.