Köln-D. an meinem Geburtstag 1940

Mein lieber Junge!

Nach langem Warten, über eine Woche, erhielt ich gestern Deine liebe Karte vom 18.VIII. Vielen Dank! Hattest Du die letzte Woche so viel zu tun, daß Du so wenig schriebst, oder sind Briefe verloren gegangen. Fast meine ich, auch meine Briefe kämen nicht alle an. Ich schreibe regelmäßig 2-3 x die Woche. – Ich freue mich zu hören, daß es Dir gut geht! Bist Du wieder an der alten Stelle. Richard hat noch 8 Tage Urlaub, 3 Wochen im ganzen. Viele sind aus Frankreich hier, Nickla von T. Marie, Josef von Henseler in Mülheim + viele andere.

Hier ist noch alles in Ordnung. Gestern Abend kamen die Engländer schon um 11 Uhr. Es ist jetzt des Nachts schon empfindlich kalt! Zweimal haben sie in der letzten Woche oben in der Kante Heidehof, [..], Heidgen Bomben geworfen, nur Waldschaden angerichtet. Die frühere Dunkelheit benutzen sie schon. Heute bin ich ganz allein; gleich gehe ich mal zu Tante Mrie. Es ist kein Wetter zum Wandern. Heute, an meinem Geburtstag ist es ein ganzes Jahr, daß Du fort bist. Wo ist die Zeit geblieben? Es war ja manch trüber, schwerer Tag dazwischen. Aber, die Ungewißheit ist doch weg. Man weiß doch jetzt, woran man ist. Wir hoffen ja, daß vor dem Winter noch Schluß mit England ist! Ob Ihr da oben dann heimkommt? Wie wäre uns das. Man ist zu bange, sich das auszumalen, weil es ja schön ist! Wenn wir mal wieder zusammen wären!!! Wär’s Dir auch recht?!! ----

Elli ist heute nach Essen, den Josef besuchen. Ihnen ist es jetzt auch schwer. Nächsten Sonntag will ich so Gott will zu Berta + Fritzchen. Nächste Woche, vom 1.9. ab, habe ich Ferien. Nachher muß ich lernen, handgenähte Krawatten zu arbeiten. Frau Severin bat mich darum. Ob ich’s lerne? Na, ich denke doch! Ob der Sept. nun noch etwas schön wird? Wer weiß es. Es ist so trüb, als ob es November wäre, und auch so kalt! ---

So, nun will ich mal auf einen Brief warten; der mir mal wieder ausführlicher erzählt von Deinem Ergehen. Bis bald!

Viele herzliche Grüße + einen Kuß
Mutter.