Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 30. August 1940
Köln-Dellbrück, 30. Aug. 40.
Mein lieber, lieber Rudolf!
Nach langem, sehnsüchtigen, und mit Unruhe gepaartem Warten erhielt ich heute Deinen lieben Brief vom 25. Aug. Ich danke Dir herzlich für Dein ausführliches Schreiben. Gott sei Dank, daß Du gesund bist, das ist mal die Hauptsache. Ich hatte mir schon Gedanken gemacht! Alles Andere wird wohl klappen. Und nun zum andern, was Dich besonders bewegt, Margret! Ich schrieb Dir ja schon, (inzwischen wirst Du den Brief erhalten haben) daß ich die Margret gut verstehen kann. Hast Du ihr überhaupt zum Namenstag gratuliert? Ist sie deshalb vielleicht gekränkt? Oder aber, es ist Jemand in ihr Leben getreten, der sie interessiert. Mein Junge, wie dem auch sei, halte den Kopf hoch. Es wäre ja auch merkwürdig, wenn schon alles so glatt + reibungslos gegangen wäre. Margret wird sich ja über kurz oder lang erklären. Und es gibt jedes Jahr neue Mädchen. Du hast recht, der liebe Gott wird es walten. Ich bete für Dich. Heute Abend habe ich Dich noch besonders dem göttlichen Herzen Jesu empfohlen. Alles wollen wir ihm aufopfern. Wenn Du Dich ordentlich hälst, dann wirst Du auch eine gute + liebe Frau bekommen. Niemand wünscht das so sehr, wie ich. So wie ich jetzt auch so sehr mit Dir fühle.
Wo ist denn Deine Erika hingekommen? Sie wird Dich auch noch vermissen. –
Nun will ich Dir von hier berichten. Gottlob, noch sind wir gesund. Das Wetter ist sehr kühl. Des Nachts im Keller, (letzte Nacht von 11 ¼ Uhr bis 4 Uhr morgens,) ist es empfindlich kalt, trotz Mäntel + Decken. Hoffentlich ist es bald zu Ende. Es ist an der Zeit, daß man mal wieder schlafen kann. Elli schläft nun schon in Gladbach, auch T. Stina kommt nicht mehr. Oma kommt noch allein. Sie leidet auch darunter, daß Elli nun fort ist! Ja so ist das Leben, nun ist sie auch allein. Nun habe ich nächste Woche Ferien. Ich werde wohl nicht fort gehen, dazu hat man keine Ruhe! Es ist aber auch zu kühl! Hoffentlich habe ich noch ein paar schöne Tage. Ob Du wohl noch mal in Urlaub kommst? Ich wünschte, ich hätte Dich bald wieder hier, bes. im Winter. Ob man Dich nicht zum Studium entlässt? Berta war am Mittwoch mal zu Hause für ein paar Stunden. Sie sieht gut aus. Sie hat Freude an ihrem Fritzchen! Sonst ist alles beim Alten.
Lieber Rudolf, ich wünsche Dir alles Gute, sei froh + stark. Ich denke an Dich + sende Dir viele liebe Grüße + einen treuen Kuß
Deine Mutter.