Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 31. August 1940
Norwegen, den 31. Aug. 1940
Meine liebe Mutter.
Recht herzlichen Dank für Deine lieben Briefe vom 21. und von Deinem Geburtstag. Liebes Mütterlein, Du mußt mir verzeihen, daß ich in der vergangenen Woche nicht schrieb aber der Ausgang des Kursus mit Besichtigung des Divisionskommandeurs, das Einleben in die alte aber völlig veränderte Einheit nahm mich ganz in Anspruch. Der Kursus scheint mit Erfolg beendet worden zu sein, denn bis jetzt hat die B. keine Nachricht oder Beurteilung. Es ist nämlich üblich bei Unfähigkeit die Einheit sofort zu benachrichtigen. Bis jetzt ist noch nichts bekannt. Hab ich Glück gehabt, wird wohl die Beförderung nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die B. sieht ganz anders aus, der Dienst ist bequemer geworden. Meine Erika hab ich gegen einen Fordwagen umgetauscht. Du kannst Berta mal erzählen, ich führe jetzt einen V8. Also ein prima Wägelchen! Ich hoffe bald die Fahrschule machen zu können. Wir richten uns für den Winter ein. Skischuhe sind bestellt. 30,00 Kronen kosten sie. Wir sparen alle um uns manch schönes Teil zu kaufen. Möglich ist es, daß wir vor Weihnachten in Urlaub kommen. Schön wär’s! Dann bring ich Dir aber etwas Feines mit!
Es wird hier merklich kühler. Der Herbst kommt. Hier im Hallingdal ist die Blau- u. Preiselbeerenernte vorbei. Der Bauer Thorn Hoftün mäht seinen Hafer und schneidet zum zweiten Mal im Jahr das Gras. Morgens hängt der Nebel im Tal. Bis 10.00 Uhr treibt die Sonne Wolkenfetzen an den Bergwänden hoch, direkt ein Schauspiel. Ich hoffe, daß ich Dir im nächsten
Brief Aufnahmen schicken kann. Ich habe eine Menge bestellt. Heute schicke ich Dir welche von Bergen. Du hebst sie ja auf!
Meine Vermutungen bezüglich des Verhältnisses mit Margret scheinen zu stimmen. Aber trotzdem verliere ich nicht meinen Kopf. Leid tut es mir doch!
Gestern erhielt ich einen langen, lieben Brief von Herrn Kirste. Es geht ihm und seiner Familie sehr gut. Das Geschäft hätte sich gut eingespielt. Seine Kundschaft bestände aus 80 % aus reichen Bauern, die mit guten Rezepten kämen. Rezeptur stände bei ihm höher als der Handverkauf. Er beabsichtigt sich einen Wagen zu kaufen. Seine Frau sei einige Tage nach Kölkn zu Besuch bei ihren Eltern. Ihr Bruder sei aus Frankreich in Urlaub zu Hause. Er wünscht mir viel Glück für mein weiteres Leben. Er meint bald sei der Krieg aus, man dürfe schon Zukunftspläne machen. Ich soll bei der Stange bleiben, d. h. Medizin studieren, für mich sei das der richtige Beruf. Ich werde ihm gleich wiederschreiben.
Morgen ist Sonntag. Das Wetter erlaubt keine Pläne. Ich werde meine Sachen in Stand setzen.
Und nun wünsche ich Dir, mein liebes Mütterlein, in Deinem eben angebrochenen Lebensjahre viel Segen und Glück. Uns wird es wohl das Wiedersehen bringen. Kopf hoch Mütterlein, trotz Englischmann und kaltnassem Sommer. Der Herr Gott wird helfen.
Es grüßt Dich herzlichst und küßt in Treue
Dein großer Junge.
Viele Grüße an alle Verwandte u. Bekannte!
mange tak!