Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 2. Oktober 1940
Köln-Dellbrück, 2.10.40.
Mein lieber, lieber Junge!
Wie ich Dir heute in dem Päckchen schon mitteilte, erhielt ich nun 2 liebe Briefe von Dir, für die ich Dir recht herzlich danke. Mein Junge, es genügt auch vollkommen, wenn Du mir 2 x die Woche schreibst. Die Briefe hätten sich verzögert, darum war ich fast 1 ½ Woche ohne Nachricht! Und dann kannst Du ja verstehen, wenn man besorgt ist. Alles mögliche denkt man. Zunächst an Krankheit, wie es ja nun auch wirklich war. Dann möchte man doch am liebsten kommen und selbst zum rechten sehen, ob nichts fehlt. Bist Du auch ordentlich in Ordnung, nicht zu früh herausgegangen. Jetzt, im Herbst muß man schon vorsichtig sein, bes. wo es dort schon kalt ist! Bekommt Ihr besonders warme Unterwäsche oder sonst was? Ich freue mich ja so sehr über Deine lieben Briefe, sie sind jetzt fast meine einzige Freude. Es ist schön, daß das Obst gut ankommt! Schmeckt es Dir? Nur darum, daß man nicht mehr schicken kann, 2 Pfd ist nicht viel! Die Bilder habe ich gut betrachtet und dann fortgelegt! Und nun hoffst Du bald auf Urlaub? Paul Mosbach ist auch hier von Norwegen, er ist weiter oben als Du. Das ist ja eine ordentliche
Reise. Hoffentlich haben wir bis dahin Ruhe von den Fliegern + sind wir noch gesund! Betest Du auch noch für mich? Vergesse es überhaupt nicht, wo Du jetzt garnicht zum Gottesdienst kommst! Daß ich mich auch riesig auf ein Wiedersehen freuen würde, kannst Du Dir denken. Übrigens am Montag war Herr Grundig auf der Durchreise hier + begrüßte uns. Er mußte auch 4 Tage reisen. Er sagte, sie litten noch unter großer Hitze, er war dünn geworden. Ich soll Dich grüßen. Ja, so seid Ihr in alle Welt verstreut. Er hatte auch wunderbare Aufnahmen + ein Tagebuch mit vielen Zeichnungen, sehr interessant! –
Also hat Margret Dir nochmals einen Gruß gesandt? Schreibst Du ihr auch noch? Aber das erzählst Du mir mal alles, nicht wahr? Ist Heinz Radermacher noch nicht eingezogen? Hat der Dusel! Ja Rudolf es ist fein, daß Du den Führerschein bekommst, das kannst Du alles gebrauchen! Aber natürlich darfst Du einen Wunsch äußern. Ich gehe s. Gott will morgen zu Nerling + frage. Vor [..] Tagen war ich noch da, er meinte, er würde wohl vorläufig das Ersatzteil nicht bekommen. Ich werde Dir dann eine billige Uhr kaufen + schicken. Ist’s so recht, mein Junge? Wenn ich Dich nur erst mal wieder hier habe, mein Bester! Ich denke immer an Dich, das weißt Du. Mutter vergißt Dich nicht!
Nun gute Nacht, sei vielmals gegrüßt + geküsst
in Liebe
Deine Mutter.