Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 10. Oktober 1940
Köln-Dellbrück, 10.X.40.
Mein lieber Rudolf!
Wie ich Dir schon im Päckchen schrieb, erhielt ich Deinen lieben Brief vom vorigen Dienstag erst gestern. Ich danke Dir herzlich dafür. Es ist für mich immer eine Feierstunde, wenn ich Deine lieben Briefe erhalte, und wenn dann noch so schöne Photos beiliegen, so erfreut mich das noch mehr. Wie oft lese ich so einen Brief. Ich lege ihn auf den Schrank, in Reichweite, wenn ich an der Maschine sitze, brauche ich nur hinter mich zu greifen. Alles, was Du schreibst, überdenke ich dann, ich kann das ja gut beim Nähen. Ich müßte Dich dort einmal besuchen können, was, das wäre fein. Ich glaube bestimmt, auch mir würde es dort gefallen. Die Menschen, (auf dem einen Bild Kirchgang) sehen so froh aus. Sie haben es auch wohl nicht allzu schwer. Gott sei Dank, auch wir können es noch tragen, ich meine den Krieg. Wenn der Engländer auch jetzt, so scheint es, noch aktiver wird, so wollen wir doch den Kopf oben behalten. Mit Gottes Hülfe, mit seinem Willen werden wir hoffentlich alles gut überstehen! Es ist gut, daß man nichts im voraus weiß! Diese Woche ist mal wieder unruhig, jede Nacht sind sie da. Ob’s bald aufhört, ob’s den Winter über noch geht, wer weiß es? Ja, Tante Mal bekam vor ca. 14 Tagen einen Brief von Finchen, kurz, es ginge ihr gut, er war allerdings 2 Monate alt! –
Ja, wo bleibt die Zeit, Du hast recht! Fast 14 Monate
bist Du von Hause fort! Hättest Du das gedacht? Und wir wollen zufrieden sein, wenn uns unser Herrgott so weiter beschützt, wie bisher. –
Wie war’s mit der Fahrerprüfung. Leider konnte ich Dir kein Däumchen halten, als ich den Brief bekam, war alles schon vorüber. Sei nur nicht zu waghalsig.
Gottlob, daß Du noch gesund bist! Freut es Dich ein wenig, wenn ich Dir nur Obstpäckchen schicke? Hast Du die Pflaumen gut erhalten? Ich wüßte auch nicht, was ich augenblicklich schicken sollte. Bald backe ich Dir noch mal etwas. Rudolf, denkst Du, Du hättest mir etwas schicken müssen. Nein, das brauchst Du nicht, kaufe Du Dir etwas, wenn Du kannst, damit Du Deine verlorenen 15 Pfd wieder aufholst! Was wiegst Du? – Ich freue mich, daß Du es in Deinem Quartier gut hast! Nicht wahr, Du erzählst mir ausgiebig davon, wenn Du mal kommst. Soll ich der Gerd mal Bilder von Köln schicken, was meinst Du, darf man das? Ob Ihr Weihnachten noch dort feiert? Aber, so lange im Voraus wollen wir keine Pläne machen. Wie Gott es will! – Karl-Heinz Perger ist in Thorn jetzt in Urlaub. Er hat den Bernd, Dr. Herrhaus schon gesehen. Ich habe ihm Grüße aufgetragen. Und nun will ich schließen. Herr Scharrenbroich + Frau Quante bestellen Grüße. Die besten Grüße + einen lieben Kuß sendet Dir, mein Junge in Liebe
Deine Mutter.
Und nun mal schönen Dank für Gerd’s liebe Grüße. Man kann es aber verstehen, was sie schreibt. Also der kleinen Gerd + ihrer Mutter herzliche Grüße!