Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 6. November 1940
Berg.-Gladbach, 6. Nov. 40.
Mein lieber Rudolf!
Endlich erhielt ich Nachricht von Dir, und zwar 2 liebe Briefe gestern + heute einen kurzen Gruß mit den 2 schönen Aufnahmen, die gut + tadellos angekommen sind. Ich danke Dir für Deine lieben Grüße recht schön. Ich freue mich, zu hören, daß Du gesund bist. Ich las dieser Tage einen kleinen Aufsatz, daß da oben im Norden Erkältungskrankheiten selten seien. Ist das so? Da habt Ihr ja schon ordentliche Kälte. Mit großem Interesse las ich Deine Schilderung über das Erleben des Nordlichtes. Das muß ja wunderbar sein. Ich wollte, ich könnte das auch einmal sehen. Wer weiß, vielleicht erlebe ich es doch einmal. Nun ist Dein Urlaub auch wieder aufgeschoben. Hoffentlich nicht aufgehoben. Ich hab doch auch rechte Sehnsucht nach Dir. Ja Du hast recht, wenn Du hier wärest, hätte ich wohl nicht solche Angst + Unruhe, wenn die Flieger kämen. Nun haben sie, wohl infolge des schlechten Wetters, uns fast 8 Tage lang in Ruhe gelassen, aber heute Abend ist es trocken + hell, da kommen sie sicher. Vorletzte Nacht haben wir wenig geschlafen wegen des Sturmes, es war schon Orkan, der die ganze Nacht herrschte. Er hat viel verdorgen, an Dächern, Bäume umgeweht, in Dellbrück war der Hahn von der Kirche heruntergeweht! – Elli hat am Samstag auch vergebens auf ihren Josef gewartet! – Nun zu der Pelzfrage!
Also ich könnte allerlei gebrauchen. Laß welche schicken, so viel Du Geld hast! Hoffentlich sind sie aber auch zollfrei. Kauf nicht die billigsten, das ist dann doch nichts. Das Fertigmachen soll doch wohl teuer sein, wie 20,00 Rmk, das kann ich nicht gut glauben. Aber egal, ich werde es schon machen. Du bist aber zu großzügig, Rudolf. Ich habe es Elli schon gut gemacht, daß ich hier schlafe. Den Pelz können wir ihr nicht schenken. Wir müssen auch [..] + sparen. Ich bin jetzt so sparsam, um noch etwas anzuschaffen, und E. kann es bezahlen. Sie steht sich gut. Du mußt mir aber noch schreiben, wie viel das nach unserm Geld ist. Etwas müssen wir doch verdienen. Wir haben ja auch die Umstände + das Porto. Und ich bekomme es ja auch gerne dafür. Berta bekommt auch einen. Ich erzählte es im Geschäft. Frau Severin + Frl. Isbach waren ganz begeistert! Also, sieh mal zu, was sich machen läßt! –
Hast Du die Uhr erhalten, das Päckchen war noch an die alte Nummer. Auch den Kuchen? Nun muß ich bald anfangen für Weihnachten backen. Viel wird es in diesem Jahr nicht sein, den Fett + die Butter ist zu knapp. Auch Mandeln + Nüsse gibt es noch nicht. Vielleicht kommt es noch.
Eben ist Fliegeralarm, es ist neun Uhr! Hoffentlich wird es nicht so schlimm. Wir haben eine Weile draußen gestanden, es wurde ordentlich geschossen. Hoffentlich kommen sie gegen Morgen nicht wieder, das ist so beunruhigend. – Nun will ich schließen. Also alles, alles Gute + viele herzliche Grüße + einen Kuß
Deine Mutter.