Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 17. November 1940
Berg.-Gladbach, 17. Nov. 40.
Mein lieber Rudolf!
Soeben sind wir von einem schönen Spaziergang zurückgekommen, davon dieses Sträußchen Dir einen Gruß bringt. Bis zur Eulenburg + dann hinauf in den Wald zum Iggeler-Hof; ein sehr schönes Anwesen, Mustergut von Gunders. Dann durch den Wald zurück! Das Wetter war ziemlich, jetzt regnet’s wieder. Heute früh haben wir das erste Weihnachtsgebäck gebacken. Es ist ja noch etwas früh, aber die Butter ist so knapp, da muß man früh einsparen. Ich bekomme ja nur ¼ Pfund die Woche. Viel werde ich nicht backen können. Hoffentlich gibt es noch etwas Mandeln + Nüsse. Ja, man sorgt, und wer weiß, was bis Weihnachten ist. Aber man kann ja nicht die Hände in den Schoß legen + abwarten. Wie geht es Dir bei der Kälte dort oben? Ich denke aber, daß es eine gesunde + trockene Kälte ist. Wie ist es mit dem Skilaufen? Habt Ihr die Schuhe bekommen. Wirst Du es lernen, oder hast Du keine Zeit? Hast Du die Fahrerprüfung gemacht? Nun wie hast Du es überlegt mit dem Pelz? Läßt Du die Sache fallen? Wenn Du doch welche schicken willst, dann aber bitte nur mit Genehmigung der Reichsstelle. Sonst werden sie beschlagnahmt an der Grenze. Es ist alles zu umständlich! – Von zu Hause gibt es wenig Neues zu berichten. Ich bin gesund + zufrieden. Die Engländer haben uns noch mal ein paar Nächte schlafen lassen. Man ist dann
ein ganz anderer Mensch. Hoffentlich werde ich durch die Arznei etwas ruhiger. Ich habe fürs Herz „Valodigan“ + für die Nerven Nervo-Phyll. Ich soll noch mal zum Arzt kommen. Dr. Koerver ist ja großzügig im Verschreiben. Josef von Elli war letzten Sonntag hier in Sonntagsurlaub. Er ist verspätet zurückgekommen + hat 3 Monate Urlaubverbot. Das ist ihm sehr hart! Wer weiß, was bis dahin ist. Nun ist der November schon zur Hälfte herum. Nächsten Sonntag ist der letzte Sonntag im Kirchenjahr. Dann beginnt der Advent! Hast Du den Brief mit dem Meßtext erhalten? Stehe doch des Sonntags-früh eine Viertelstunde eher auf + bete still für Dich die Messe. Denke auch sonst mal an unseren Herr-Gott. Er allein hat uns in seiner Hand. Auf ihn wollen wir weiter vertrauen. Nächsten Sonntag ist in der ganzen katholischen Kirche auf der Welt Gebetssonntag nach Anordnung des hlg. Vaters in dreifacher Meinung. 1. für alle Gefallenen um ihren ewigen Frieden, 2. für alle, die besonders gefärdet durch den Krieg sind + 3. für einen baldigen, gerechten Frieden. Wir wollen eifrig mitbeten. Nun mein Junge, hoffentlich höre ich morgen etwas von Dir, ich freue mich schon darauf. Nun will ich für heute schließen.
Ich wünsche Dir weiterhin Gesundheit + frohen, starken Mut, ein frohes Herz + alles Gute! Dich grüße + küsst in alter Liebe recht herzlich
Deine Mutter.