Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 22. Dezember 1940
Köln-Dellbrück, 22. Dez. 40.
Mein lieber, lieber Rudolf!
Nach fast 8 tägigem Warten auf Post erhielt ich heute Deinen so lieben + herzlichen Weihnachtsbrief. Ich war ganz gerührt vor Freude, als ich ihn las. Wir verstehen + kennen uns doch so gut. Herzlichsten Dank für Deine lieben Worte + Wünsche. Ja, mein Junge, an unserer Krippe werde ich an Dich denken, und besonders für Dich beten, und mich erinnern an frühere Weihnachten, die wir so schön + traut zusammen feierten. Gebe Gott der Allmächtige uns doch baldigen Frieden und Euch Allen glückliche Heimkehr. In seiner Hand liegt unser aller Los. Bis hierher hat er uns gnädig geführt und dafür wollen wir ihm danken. Nun möchte ich Dir auch gleich das Neujahr anwünschen mit den Versen aus Deinem alten Bilderbuch:
„Ich wünsche Dir zum neuen Jahr,
Des Himmels Segen wunderbar,
Und zu der Erde Lust + Leid
Stets Frieden und Zufriedenheit!“
Dann habe ich noch den Wunsch, daß Du recht bald
kommen mögest + eine glückliche Reise hast! Dann kannst Du mir alles erzählen, wie Due die Feiertage verbracht hast und sonst noch manches, gelt. Auch ich werde Dir berichten, wie ich die Feiertage verbrachte. Für das liebe Kärtchen mit den guten Wünschen von Frau Lindh, danke ich recht herzlich und ich freue mich darüber. Es ist ja zu nett, daß sie mir etwas schenkt. Da bin ich froh, für Gerd ein Päckchen fertig gemacht zu haben. Ob sie sich freut? War alles gut angekommen? Ich bekam da so viele liebe Post. Deinen Brief, das Kärtchen von Lindh’s nochmals einen Brief von Herrn Bartz mit 2 Aufnahmen, und die Verlobungsanzeige von Elisabeth Lingens mit einem Herrn aus Kassel. Herr Bartz ist immer noch der Alte. Ich hebe die Briefe auf, dann kannst Du sie lesen, wenn Du kommst. Ich habe ihnen auch ein Päckchen geschickt! Sie sind auch zum Fest ganz allein! Aber das sind ja so viele! Wir haben rechtes Weihnachtswetter, es liegt Schnee + wir haben heute 15°. Ganz annehmbar, nicht wahr? Aber doch nichts, im Vergleich zu Euch! Könnt Ihr ordentlich heizen in euren Baracken? Und des Nachts, habt Ihr ordentlich
Decken? Heute habe ich den Stollen für mich, und einen für Tante Stina gebacken. Sie sind gut geraten. Bei Schlößers ist die übliche Feststimmung. Onkel A. sorgt dafür, aber ohne triftigen Grund. Der versauert sich + andern das Leben. Der wird nie vernünftig. Elli läßt sich garnicht in Dellbrück sehen, seitdem sie ihren Mann da hat. T. Finchen hat heute mal für die Puppen Mäntel genäht, wunderschön. Ich hab‘ ja nicht groß zu richten für Weihnachten. Ich bin ja allein. Aber doch freue ich mich auf das Fest! Ich singe schon lange unsere alten Adventslieder. Bald kommen die Weihnachtslieder an die Reihe. – Nun mein Junge nochmals die allerbesten Wünsche für das kommende Jahr und tausend Grüße + einen treuen Kuß
Mutter.