Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 5. Januar 1941

Köln-Dellbrück, 5. Januar 41.

Mein lieber Junge!

Ehe ich den Sonntag beschließe, will ich Dir noch einen lieben Gruß senden. Ich hatte ja heute auch ein Briefchen von Dir erwartet, aber, es kam nicht. Hoffentlich morgen. Nun ist morgen schon Dreikönigsfest! Dann fangen die Tage wieder an zu längen. Wie man sich darnach sehnt! Nach dem langen, dunklen Winter. Die Verdunklung läßt das besonders empfinden. Hoffentlich ist es der letzte Kriegswinter. Aber mit den helleren Tagen + Nächten werden auch die Engländer wieder aktiver werden. Es ist ja noch sehr kalt, besonders bei Nordostwind. Und wie ist es da oben bei Euch? Da wird’s noch dunkler + kälter sein. Wie geht es Dir. Ich denke viel an Dich, daß Du jetzt in der Prüfung bist. Hoffentlich klappt es + bist Du zufrieden! Und sonst, mein Kind, wie ist es? Wer hat an Weihnachten an Dich gedacht? Ich bin gespannt, ob Du alles pünktlich erhalten hast! Wie war die Weihnachtsfeier? Froh bin ich, daß Ihr eine hlg. Messe hattet

an den Feiertagen. Das gibt den Tagen erst die rechte Weihe + den rechten Inhalt! Und wie war es zu Sylvester? Dort trinkt man sicher einen ordentlichen Grog. Aber, ich hoffe, daß Du mir das alles bald erzählen kannst. Weißt Du noch nicht, wann Du Urlaub bekommst? Nicht, daß ich dann in Gladbach wäre, wenn Du kämst. Diese Woche will Elli noch bei mir bleiben, es ist so kalt des Abends + des Morgens und so dunkel. Oma schläft bei Heinrich so lange. Gestern Abend bin ich wohl mit Elli nach Gladbach gefahren, Brot holen + wir haben auch da geschlafen. Es gefällt mir immer besser dort. Heute gegen Abend war ich ein paar Stunden bei Tante Finchen. Gestern Nachmittag sagte ich bei Tante Marie mal guten Tag. Sie ist noch immer die Alte, interessiert sich für alles. Sehr wenig gehe ich zu Schlössers. In letzter Zeit, so von Weihnachten an sind Beide so unzugänglich. O. Arn. [..] schon über 8 Tage. Und kalt ist es bei ihnen, jetzt wo Berta nicht da ist. Wofür die nur so sparen? Ein bischen mehr könnten sie sich doch leisten. Schrieb ich Dir schon, daß Willi schon gemustert ist und tauglich. Er ist stolz, auch Onkel Georg. Frau Bartz schrieb mir zu

Neujahr auch und eine Karte von Essers, das war alles. Karl liegt in Wahn. Aber das weißt Du ja. Gestern gingen die jungen Burschen zum Arbeitsdienst. Eure Urlauber werden ja nun auch bald zurückkommen. Ja, alles geht weiter. Überhaupt die Zeit fliegt. Vor einem Jahr warst Du auch gerade in Urlaub. Besonderes wußte ich heute nicht zu berichten. Am Dienstag kommt Frau Plantz wieder her, sie war drei Wochen nicht da. Sie hatte auch den ältesten Sohn in Urlaub! Na, da wird sie wieder erzählen.

Nun bin ich müde, hoffentlich können wir ruhig schlafen. Auf bald, mein großer, treuer Junge! Recht herzliche Grüße + einen festen Kuß
Mutter.