Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 8. September 1941
Zu Hause am 8. Sept. 41.
Mein lieber Junge!
Wenn ich auch außer der Karte von Flensburg noch keine Nachricht von Dir habe, so nehme ich doch an, daß Du gut an Ort + Stelle angelangt bist! Auch, daß es Dir gut geht. Es ist wohl höhere Gewalt, die die Briefe zurückhält, denn daß Du geschrieben hast, das weiß ich. Nun bist Du sicher wieder in den Betrieb eingelebt. Was macht Deine Gesundheit vor allen Dingen? Hast Du keinerlei Beschwerden? Und hast Du guten Mut? Wie ist das Wetter dort. Hier ist es noch schön + trocken, nur seit gestern etwas kühler. Die Karte aus Immekeppel hast Du wohl inzwischen erhalten. Sie sagt Dir, wie + wo ich den Samstag verlebt habe. Wir sind zu Fuß hin + zurückgelaufen. Ich wollte noch mal tüchtig laufen. Vielleicht ist es ohnehin bald vorbei, wenn das Wetter sich ändert. Es wird auch schon früher dunkel. Nun hat das dritte Kriegsjahr schon begonnen. Im Osten geht es ja vorwärts. Es ist fast übermenschlich, was dort geleistet wird. Hört Ihr auch Radio? Ja, wer wird noch alles hineingezogen werden? Hoffentlich kommt auch einmal der Engländer dran, daß er selbst mal kämpfen muß. Wir müssen abwarten. Die letzten Nächte hat er uns
ziemlich in Ruhe gelassen. Heinrich hofft nun auch bald in Urlaub zu kommen. Hanni geht gern zur Schule + lernt gut. Oma geht fleißig Brombeeren suchen. Ich hab auch schon welche bekommen. Sonst ist das Obst sehr rar. Ich glaube nicht, daß ich noch etwas in die Gläser bekomme. Kannst Du da etwas Obst kaufen? Wenn ja, dann tue es nur, damit Du vor dem Winter noch etwas Frisches bekommst. Nun ist am Donnerstag Dein Geburtstag. Morgen, so Gott will, backe ich ein kleines Küchlein + schicke es Dir. Es ist ja wenig, aber Du weißt ja, wie es hier ist bei einer Person! Wie ist dort das Essen. Gibt es auch Frischgemüse? – Nun hoffe ich doch bald etwas von Dir zu hören, ich sehne mich nach einem Brief von Dir.
Alles Gute mein Junge + viele herzliche Grüße + einen Kuß sendet Dir Deine
Dich liebende Mutter.