Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 19. September 1941
Zu Hause, 19.9.41
Mein lieber Rudolf!
Herzlich danke ich Dir für Deinen lieben Brief vom 11.9., Deinem Geburtstage. Da waren wir ja in Gedanken vereint, denn auch für mich ist dieser Tag ein besonderer. Zu danken brauchst Du mir nicht, ich tat ja nur meine Pflicht, wie sie wohl jede Mutter tut. Ich hatte dadurch ja auch ein reiches + schönes Leben, besonders, wo wir uns so gut verstehen. Ja, ich bete auch, daß der Herrgott uns weiter seinen Segen gibt! Und gerade jetzt, wo wir getrennt sind, sieht man erst, wie schön es war + Gott gebe, daß es auch wieder so wird!
Ja, nun sind inzwischen alle Deine Briefe angekommen. Ich freue mich, daß bei Dir alles in Ordnung ist, dasselbe kann ich Dir von hier berichten. Es ist doch schön, daß Du nun eine ausgedehntere Korrespondenz hast, da hast Du manche Verbindung + hörst allerlei, was da oben in Eurer Einsamkeit doch angenehm ist. Oder ist es dort nicht so still als wie in G. In der allernächsten
Zeit werde ich Dir das gewünschte Buch kaufen. Schicken kann ich sicher nicht, weil es zu schwer ist! Morgen so Gott will oder übermorgen geht das Buch „Ola, die Schwedin“ ab. Ich bin gespannt, ob es Dir gefällt. Ich habe es gelesen, mir gefiel’s. Hast Du Dir schon etwas gekauft? Habt Ihr den Wachtmeister schon gefeiert? Wie stehst Du mit den Kameraden? Du trinkst doch nicht so viel, kaufe Dir lieber etwas zum essen. Könnt Ihr überhaupt dort etwas kaufen? Was gibt es denn des Abends zum Abendbrot, immer kalte Küche? Wie bekommt Dir die Umstellung im Essen, Klima + s. w.? Mir fällt das Alleinsein noch schwer, besonders jetzt, wo es schon früher dunkel wird, und die schönen Winterabende kämen. Abends tut es mir oft leid, dann komme ich mir so verloren vor, da verläßt man alles und geht zu andern Leuten. Mit der Wohnung wird es wohl noch nichts werden. Man muß Geduld haben. Nun Schluß für heute.
Herzliche Grüße + Küsse sendet Dir
in Liebe
Deine Mutter.