Zu Hause, am 24. Sept. 41

Mein lieber Junge!

Ein Viertelstündchen möchte ich mit Dir erzählen. Wie geht es Dir? Bist Du wohlauf? Ist dort das Wetter auch so herrlich? Hier ist es wunderbar! Man möchte immerzu draußen sein. Klarblauer Himmel, wolkenlos, und strahlender, warmer Sonnenschein, so warm, daß man sich draußen hinlegen könnte. Gestern habe ich alles liegen lassen und bin mit Oma, T. Finchen, Elli + Hanni nach Kalk gepilgert. Anliegen hat man ja genug, und ich hatte es gelobt. Es war herrlich. Wir waren ordentlich müde geworden. Heute muß ich nun fleißig dafür arbeiten. – Bei uns im Geschäft wurden gestern viele Näherinnen, auch ältere, in den Betrieb gesteckt. Wir haben eilige Sachen für’s Heer, (Seilbinder [..]). Noch hat’s mich nicht erwischt. Ich bleibe lieber zu Hause + nähe. Die Umstellung ist ja groß. In einem großen Raum mit fast 100 Maschinen. –

Dann wollte ich Dir noch etwas schreiben. Gestern früh, als ich nach Köln fuhr, fuhr auch

Frl. Krichel, die Lehrerin mit. Wir kamen ins Gespräch u. a. auch von Dir. Sie sagte, sie hätte gehört, daß die Mediziner, die jetzt studierten, nachher für’s Militär wären. Ein Bekannter von ihr hätte sich zurückstellen lassen, weil er nachher nicht gebunden sein möchte. Rudolf, dann wäre es ja besser so, wie es jetzt ist für Dich! Dann wäre es doch der rechte Weg. Wir wollen weiter auf unsern Herrgott vertrauen, er macht’s wohl! –

Sonst wüßte ich nichts Neues von hier. Auch des Nachts haben wir Ruhe!

Nun muß ich schließen und weiter arbeiten. Leb wohl, sei recht herzlich gegrüßt + geküsst von
Deiner
alten Mutter.