Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 29. September 1941
Köln-Dellbrück, 29. Sept. 41.
Mein lieber, großer Junge!
Nun muß ich gleich 2 liebe Briefe von Dir beantworten, und zwar vom 19. + 21.0. Ich danke Dir sehr für Deine lieben, ausführlichen Schreiben. Es freut mich, daß Du Dich wohlfühlst, keine Beschwerden hast, auch nicht beim Reiten. Also das gehört auch wieder zum Dienst. Mit Interesse lese ich über Deine neue Stellung innerhalb der B. Ich freue mich, daß es Dir gefällt. Ich kann es mir vorstellen, daß Du Dich wohlfühlst! Sicher ist die Unterhaltung im neuen Kreis anregender und interessanter. Hat der Kommandeur das so angeordnet? Vielleicht wirst Du schon bald befördert?!!! Dann hättest Du wieder etwas geschafft. Spaß macht es doch, trotz aller Unkerei. Es geht doch, „wie Gott es haben will!“ Um später wollen wir uns noch nicht allzu sehr sorgen. Gewiß, man plant schon mal, aber zu seiner Zeit kommt das Gegebene. Es ist ja manchmal schwer, auszuhalten, aber wir mit unserm kleinen Menschenver-
stand + willen ändern ja doch nichts an dem Lauf der Welt. Bei Dir dauert nun eben alles länger. „Du bist ein Später!“ Wenn ich nur gesund bleibe, dann helfe ich Dir noch gerne wieder, andernfalls mußt Du selbst sorgen. Und jetzt wärst Du doch schon so weit, daß Du durchkämst. – Ja auch ich denke viel an die schöne Zeit, als Du hier warst. Besonders jetzt, wo Josef in Gladb. ist, + ich des Sonntags nicht recht weiß wohin. Dann empfinde ich das Alleinsein doppelt. Das ist nun mein Schicksal, viel allein zu sein, und wenig Menschen zu haben, die mich verstehen. Aber ich hoffe zuversichtlich , nach der langen Prüfungszeit auch noch frohe Tage mit Dir gemeinsam zu haben. So für jetzt Schluß. Bis morgen.
Alles Gute + herzlichen Gruß + Kuß
in Liebe
Deine Mutter.