Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 5. Oktober 1941
O.-U. den 5.X.41
Mein liebes Mütterlein!
Sonntag Abend! Ein schöner Tag mit herrlicher Sonne geht zu Ende. Braun, rot und gelb leuchten die Birken an den Hängen. Aus ihrem bunten Flammenmeer stoßen bizarr geformte, nackte Felsmassive in den Himmel. Heute nach dem Mittagessen hatte ich Streifendienst. Unsere Fahrt führte uns in ein kleines Städtchen. Im warmen Sonnenschein war die ganze Bevölkerung auf der Straße. Die jungen pike zeigten sich in ihrer bunten Nationaltracht.
Nun sitze ich hier bei der Lampe und denke an Dich. Ihr sitzt nun auch um den Tisch versammelt, lest oder handarbeitet. Hast Du einen schönen Sonntag gehabt?
Ich schicke Dir eine Kleinigkeit. Ich will das jetzt immer so halten. Den Stoff, von dem ich Dir schrieb, habe ich ganz bezahlt. Ich glaube hier kann man ab und zu noch etwas kaufen. Gestern wurden uns Leinenhemden angeboten 15 Kronen. So etwas kann man sich doch einmal anschaffen.
Könntest Du mir zwei, die ältesten von meinen Hemden schicken um sie bei
besonderen Gelegenheiten, z. B. Offizierstisch usw. anzuziehen. Selbst schaffe ich mir dann auch noch Wäsche an.
Es gefällt mir hier ganz ausgezeichnet. Meine neue Umgebung ist wirklich interessant. Nun wünsche ich Dir eine gute Woche!
Mit den herzlichsten Grüßen
und einem festen Kuß
verbleibe ich
Dein Junge.