Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 8. November 1940
Berg.-Gladbach, 8. Nov. 41
Mein lieber Rudolf!
Herzlichen Dank für Deinen lieben Brief vom 1. Nov., den ich gestern erhielt, und den ich auch gestern Abend schon beantworten wollte. Aber es kam früh Alarm, der bis heute früh 2.20 Uhr dauerte. In Dellbrück sind schon wieder 5 Fliegeropfer, eine ganze Familie von 3 Personen, der Sohn ist im Felde + noch 2 andere Personen. Es ist traurig. Auch Brandbomben wurden geworfen. Auch jetzt ist schon seit 8 Uhr abends Alarm, wie lange, das müssen wir abwarten. Hoffentlich geht es gut. Man weiß ja nicht, wenn man den Alarm hört, ob man die Entwarnung noch hört. Der liebe Gott möge uns beschützen. Ich freue mich, daß es Dir gut geht. So kalt ist es schon bei Euch? Ich habe Deine Leibbinde fertig, und werde sie in den nächsten Tagen schicken. Schön, daß Du nun allerlei Post bekommst! – Ich bin jetzt fertig mit der Umräumerei. Dein schönes Zimmerchen mußt Du ja opfern, ich mußte doch die Betten unterbringen, ich habe hin + her überlegt.
Also das Schlafzimmer ist wieder vorn, wo wir es zuerst hatten, es kommt auch etwas Sonne hinein. Vorn das große Zimmer ist das gute Zimmer und die frühere Küche ist das Wohnzimmer, was wir ständig bewohnen + wo wir auch essen + Du arbeiten kannst. Die Küche im kleinen Zimmer ist sehr gemütlich + warm. Nur die Tapeten sind überall schlecht, aber es ist ja Krieg. Hoffentlich gefällt es Dir! – Gestern Abend mußte Heinrich wieder fort, er mußte zu Fuß nach Köln wegen des Alarms. Es war ihm sehr schwer, auch Joh. + den Kindern. Ja, der Urlaub ist schön, nur das Fortgehen. Werde ich nun bald von Dir die angekündigte Neuigkeit hören? Dann teile ich Dir noch mit daß Frau Baumhof gestorben ist an Lungenentzündung am 7ten Tag. Den Sohn hatten sie noch heimholen lassen. Mir persönlich geht es gottlob noch gut. Ich bin zufrieden + dankbar gegen Gott, wenn ich gesund bin. Momentan ist sehr wenig Arbeit im Geschäft, ich habe Krawatten für Braunhemden, 18 Dtzd. die ganze Woche, sind 16 Mark! – Sonst wüßte ich nichts mehr zu berichten. Bleibe gesund mein Junge + empfange recht herzliche
Grüße und einen Kuß
von Deiner Mutter.