Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 14. November 1941

Köln-Dellbrück, 14.11.41

Mein lieber Rudolf!

Ich dachte, ich hätte heute einen Gruß von Dir erhalten. Dein letzter Brief ist vom 6.11. Ich bin ja von Dir allerdings verwöhnt mit Post. Wie geht es Dir? Wie ist das Wetter? Hast Du keine Beschwerden? Wie ist das Essen? Nun habe ich auch für Dich die Leibbinde abgeschickt. Nun muß ich langsam an die Weihnachtspäckchen denken. Allerdings so viele + gute Päckchen wie im vorigen Jahr gibt es nicht! Die Zutaten sind eben nicht zu haben. Ich habe mich schon so viel bemüht. Es ist eben Krieg, und wir müssen froh sein, das Nötigste noch zu bekommen. Es kommen ja die dritten Kriegsweihnachten. Ich denke, daß Du auch das, was ich noch backen kann, gern ißt. Kommen wieder andere Zeiten, gibt es auch wieder gute Sachen. Einen Stollen werde ich ja nicht backen können, das beste dazu mangelt ja. Ja, man spürt es jetzt doch; aber, wir wollen noch nicht klagen. Hauptsache ist, wir bleiben gesund dabei und überstehen die Zeit. – Wir, d. h. Elli + ich sind noch in Dellbrück, voraussichtlich auch nächste Woche. Und dann am 23. o. 24.11. kommt Josef in Urlaub. Was ich dann mache, weiß ich noch nicht! Ich vermisse allerdings Gladbach sehr. Ich möchte zu gerne dort wohnen. Hoffentlich glückt es doch einmal. – Vorgestern war Frl. Heeg unerwartet gekommen, als Frau Plantz hier war. Sie hatten sich schon in den Haaren. Fr. Pl. will jedem ihre Meinung aufzwingen. Pössels, die Bekannten aus Dausenau sind mal vor ein paar Sonntagen hiergewesen, haben mich aber nicht an-

getroffen, schade, ich hätte mich gefreut! Heute habe ich in Köln mal gesehen für etwas zu Weihnachten für Hanni + Liesel. Ich glaube, ich bekomme nichts. Hanni hätte gerne ein Kaffeeservice. Man weiß überhaupt nicht, was man kaufen soll. Es ist fast nichts im Verkauf. Ich habe immer noch die S.A. Krawatten, es ist nichts Anderes da. 16 Mark hatte ich diese Woche, das ist doch zu wenig. Aber ich kann nichts machen. Ich hätte jetzt noch gern so allerlei Kleinigkeiten zum Gemütlichmachen in das Wohnzimmer, z. B. Wandbehänge, Decke auf die Chaiselongue, aber es gibt nichts, nur für Fliegergeschädigte. Da muß man eben alles zurückstellen. – Heute ist es hier kalt, aber klar + trocken, allerdings auch wieder Fliegerwetter. Hoffentlich bleibt Dellbrück jetzt etwas verschont, in 4 Wochen 10 Personen getötet, das ist viel.

Warst Du in Gol? Wie war es dort. Ich habe letzte Nacht so viel von Gerd geträumt. Hat das etwas zu bedeuten? – Nun hoffe ich, daß ich bald von Dir höre, das ist immer eine große Freude. Also mein Junge, ich schließ für heute. Gott befohlen, auch ich empfehle mich Deinem Gebet! Sei nun auf das herzlichste gegrüßt + geküsst von
Deiner
Dich l. Mutter.