Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 24. November 1941
O.-U. den 24.XI.41
Meine liebe Mutter!
Heute muß ich nun gleich für 2 Briefe, vom 14. und 16., und für das Päckchen mit der Leibbinde und den Handschuhen, das ich heute erhielt, danken. Nun muß ich Dir wohl zuerst nochmals versichern daß es mir wirklich gut geht, ich wohlauf und frisch bin. Für Sorge ist also kein Grund vorhanden. Die Leibbinde wird gute Dienste tuen. Den Tee trinke ich zum Vorbeugen. Was ich tuen kann um Koliken zu verhindern tue ich.
Ich bin froh, daß Du noch soweit gesund bist. Was macht der böse Finger? Ich warte sehnlichst auf Deinen Bescheid dieserhalb. Dann muß ich Dich noch etwas fragen; - „Hast Du meine beiden Päckchen noch nicht erhalten, eines mit 2 Dosen Pastete und 1 Stück Seife und das andere mit dem Fässchen? Ich kann das nicht verstehen, es wäre doch zu schade, wenn die beiden Kleinigkeiten weg wären.
Freitag Abend bin ich mit einem Kameraden zum Weihnachtseinkauf zur Hauptstadt gefahren. Für die Kameraden haben wir noch nette Kleinigkeiten bekommen. Viel gibt es aber
auch dort nicht mehr. Müde sind wir Sonntag Abend dann zurückgekehrt. Morgen ist Gottesdienst, ich werde besonders an Dich denken!
Gerd hat mir geschrieben. Vielmals soll ich Dich grüßen! Dein Traum braucht Dich nicht zu erschrecken, mit Gerd und mir steht es genau so wie früher.
Dann fragst Du wie es mit Studienurlaub ist. Von meinem Mißerfolg berichten ja meine Briefe, die Du wohl jetzt erhalten hast. Ich aber bin dennoch wohlgemut. Nach dem Krieg geht es mit frischem Mut, so Gott will, los. Ich tue jetzt meine Pflicht, das Vaterland wird das wohl später achten. Um die Zeit nicht nutzlos verstreichen zu lassen, arbeite und lese ich, wenn eben möglich. Wie ist es mit dem II. Band Anatomie von Sobotta? Hole das Geld von der Kasse ab, um nicht von Deiner kleinen Löhnung absparen. Dann bitte ich Dich für mich die „Münchener Medizinische Wochenschrift“ zu bestellen, das heißt zu bezahlen. Ich kann nicht an deutsches Geld kommen. Du mußt es aber von der Kasse nehmen. Der Bezugspreis macht für mich vierteljährlich 4,80 zuzüglich -,60 Postgeld. Quatsch, - ich habe mich eben erkundigt, ich kann mit Kronen bezahlen. – Also erledigt!
Wie gerne würde ich Dir jetzt bei der
Weihnachtsbäckerei helfen und Dir Zutaten geschickt haben, aber es ist nichts mehr zu bekommen. Vielmals danke ich Dir für die Bonbons!
Urlaub!! Weihnachten komme ich also nicht. Ich muß schon hierbleiben. Vielleicht bin ich dann auch befördert, wenn ich im Januar komme. Wir müssen Geduld haben! Der Herrgott führt uns wieder zusammen, das fühle ich. Ich sehe ganz ruhig in die Zukunft. Wir müssen froh sein und Gott danken, wenn wir nur leben. Nach dem Krieg wird es schön werden.
Und nun schließe ich für heute! Mit den allerbesten und treuesten Wünschen
grüßt und küßt Dich
Dein Junge.
Heinrich schrieb mir heute. Er schreibt noch von dem schmerzlichen Abschied.
Viele Grüße an alle!
Besonders grüße ich Hanni und danke ihr für ihren lieben, selbstgeschriebenen Gruß.