Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 9. Januar 1942

Köln-Dellbrück, 9. Jan. 1942

Mein lieber Junge!

Heute Nachmittag bekam ich 2 liebe Briefe von Dir, vom 2. + 3.1.42, die mir Deine glückliche Ankunft in Deinem Bestimmungsort meldeten. Wie bin ich so froh, daß die Reise schnell + gut vonstatten gegangen ist. Ich habe so viel an Dich gedacht, natürlich tue ich das jetzt auch noch. Auch vermisse ich Dich sehr, bes. des Abends. Ja, fünf schöne Jahre, wenn man alles zusammen rechnest, dienst Du dem Vaterland; doch eine lange Zeit. Und in den 14 Tagen Urlaub gewöhnt man sich wieder so aneinander, garnicht, als ob man so lange getrennt gewesen wäre. Ja, man muß erst mal wieder zurechtkommen allein. – Ich freue mich, daß Du die Päckchen noch in gutem Zustande vorgefunden hast + daß es Dir schmeckt! Das ist recht, Du hattest ja auch nichts mitgenommen. Bestell in G. viele Grüße, wenn Du hingehst! Wie freue ich mich, daß es Dir zu Hause gefallen hat + Du gerne hier warst! Ja, der neue Urlaub liegt wohl

noch in weiter Ferne. Bleibe mir nur gesund, mein lieber Junge!

Ich schrieb Dir ja, daß ich zum Zahnarzt war, in 10 Tagen soll ich wiederkommen. Bis jetzt bin ich zufrieden. Von Deinen bestellten Büchern habe ich auch noch nichts gehört! Oma + Joh. sind aber so in Sorge um Heinrich. Er tut mir auch leid. Ich bete fleißig für ihn. Das können wir ja nur für Euch Lieben da draußen tun. Ja ich gehe oft ans Krippchen und denke an Dich. Ja, schöne, ruhige Weihnachten hatten wir. Nur schade, daß Du so helfen mußtest, weil ich nicht wohlauf war. Hattest Du noch viel Post vorgefunden? Wie gefällt Dir das Buch über Dante? Ist es etwas?

Nun will ich zur Ruhe gehen, es ist 10 ½ Uhr. Heute Nacht werde ich wohl etwas besser schlafen. Letzte Nacht hatte ich noch Schmerzen, jetzt ist es besser. Also mein Junge alles Gute + in lieben Gedenken herzliche Grüße + einen Kuß
Deine
Mutter.