Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 11. Januar 1942
Köln-Dellbrück, 11. Jan. 42
Mein lieber Junge!
Heute, am Sonntagmorgen, erhielt ich Deinen lieben Brief vom 5.1. mit der guten Nachricht, daß Du wohlauf bist. Gott sei Dank, daß Du die Strapatzen der Reise gut überstanden hast. Auch hier ist seit gestern ganz wunderbares Wetter. Es hatte Donnerstag geschneit und nun hat es gefroren, und vom wolkenlos blauen Himmel lacht die Sonne. Ich möchte so hinauslaufen, stundenlang. Aber ich muß mich doch in acht nehmen, mein Mund ist vom Zahnziehen noch etwas geschwollen, da muß ich Wärme haben. Heute Mittag allerdings in den schönen Stunden von 1-3 war ich einmal bei Oma + Johanna. Elli war auch da. Hanni hat die Wasserpocken. Joh. hat nun ein Teil des Bestecks bekommen, sehr, sehr schön, auch das Muster. Es gefällt mir wirklich gut. Ein schönes Stück in den Haushalt! Vorhin habe ich mir auch noch mal Dein Weihnachtsgeschenk angesehen. Ich habe viel Freude daran + so Gott will, wird es später auch unsern Tisch schmücken. Ich habe heute so in allen Ecken gestöbert. Wir haben auch so manches schöne Stück. Ich saß auch ein Viertel-
stündchen vorn im Zimmer am Baum + Krippchen + dachte an Heiligabend, der so schön + traut war, dachte an Dich, mein Junge. Ich fühle mich jetzt so zufrieden allein in unserer Wohnung, und kann nun nicht begreifen, daß ich solange fort gehen konnte.
Ich habe jetzt ganz ungewohnte Arbeit, die für mich schwierig ist, Schneeanzüge. Weite Jacken mit Kapuzen + Hosen. Was werden wir noch alles arbeiten müssen.
Klein Fritzchen ist wieder wohlauf + nichtsnutzig. Bist Du heute in Gol? Ich meine, Du dächtest heute viel an mich, oder habt Ihr von hier gesprochen? Hier ist sonst nichts Neues passiert! Gerhard hat wieder geschrieben. Nun bin ich froh, daß ich Brand habe, bei der Kälte. Heute Abend will Agnes Böhner kommen. –
Nun Rudolf wünsche ich Dir aus ganzen, frohen Herzen alles Gute + bin mit herzlichem Gruß + Kuß
Deine
Dichl. Mutter.
Anliegende Karte kam Freitag n im Kouvert.