Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 21. Januar 1942
Köln-Dellbrück, 21.1.42
Mein lieber, großer Junge!
Wie geht es Dir, mein Kind? Bist Du wohlauf? Ich hoffe, daß Dir die große Kälte nicht schadet. Bitte, sei vorsichtig + schütze Dich, so gut Du kannst! Man hört so viel von Rußland, denen die Gliedmaßen oder Ohren erfroren sind. Auch hier sinkt das Termometer weiter, heute sind es 18° Grad. Es scheint noch anzuhalten, es ist klar + hell. In der Mittagsstunde geht es, aber morgens + abends ist es kalt. Habt Ihr auch warme Wollsachen bekommen. Heinrich hatte geschrieben, daß er gut versorgt worden wäre mit warmen Sachen. Jetzt, wo es hier auch so kalt ist, macht man sich eine Vorstellung davon, wie es denen draußen ist. Ich hoffe, von Dir bald Nachricht zu bekommen, da ich seit Sonntag nichts bekommen habe. –
Ich habe wieder Wehrmachtskrawatten. Fr. Severin wird auch jetzt recht patzig + rücksichtslos. Ich wünsche, ich hätte etwas Anderes. Ich habe jetzt noch nichts wieder an den Zähnen gemacht, es ist zu kalt! – Dann wollte ich Dir mal mitteilen, daß das Priesterseminar in Bensberg vom Staat
übernommen worden ist, mit allem Grundbesitz u.s.w. weil angeblich die Zöglinge in volks + staatsfeindlichen Sinne erzogen worden wären. –
Hier in D. ist alles in Ordnung, alle sind gottlob gesund + munter. Heute war ich mal bei Oma. Also Rudolf, bitte, zieh Dich warm an. Hast Du schon Ski gelaufen? Oder ist dort das Gelände nicht geeignet? Herr Schmidtke hat auf meinen Brief noch nicht geantwortet! Sonst geht es mir noch gut. Nun schließe ich mit recht herzlichen Grüßen + einem Kuß
Mutter.
Tante Finchen hat geschlachtet. Ich habe ½ Pfund Wurst bekommen, Ja, die können ihrem Jungen Pakete schicken, da ist was drin. –
Nochmals Gruß Mutter.