Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 23. Januar 1942

Köln-Dellbrück, 23.1.1942

Mein lieber, guter Jung!

Obwohl es gleich 11 Uhr, bezw. 23 Uhr ist, will ich Dir noch eben schreiben. Ich habe eben alles in Ordnung + sauber gemacht, denn ich habe heute Krippchen + Baum fortgeräumt. Schade, aber es mußte sein, alles war zu trocken. Es ist immer ein bischen Wehmut bei diesem Tun, aber ich hoffe zuversichtlich, daß wir im nächsten Jahr in Gesundheit + Zufriedenheit + Freude die Sachen wieder hervorholen können. Gott gebe es. – Heute erhielt ich nun Deinen lieben Brief vom 16.I., für den ich Dir herzlich danke! Ich freue mich besonders darüber, daß Du gesund + guter Dinge bist, trotz der großen Kälte. Wir hatten gestern 20° minus. Heute meint man, die Kälte hätte etwas nachgelassen, es war etwas bewölkt, vielleicht gibt es noch mehr Schnee, wohl geht ein scharfer Wind. Und in dieser Kälte müssen die Kameraden in Rußland kämpfen. Man denkt so viel daran, bes. wo es jetzt hier auch so kalt ist.

Von Deinen Büchern (Sobotta) habe ich noch nichts gehört. Ich wollte mal in die Buchhandlung gehen + fragen. Heute kam ein Nachtrag für 1942 zum Kalender von Bayer an, den ich Dir senden werde, sobald die Sperre aufhört. Ich habe noch keine Zähne wieder gezogen bekommen, bis die große Kälte etwas nachgelassen hat. Ich bin selbst froh, wenn alles in Ordnung ist. Zum Frühjahr kommt Der. Müller voraussichtlich auch fort. Nur das lange Warten dort ist schlimm. Berta ist auch wieder erkältet. Klein Fritzchen ist munter, nur sein Näschen macht ihm zu schaffen, er bekommt wenig Luft. Hanni + Liesel sind wohlauf, auch alle Andern in der Familie. – Also in Gol warst Du noch nicht? Hast Du Dein Gebäck nun auf? Auf Dein Päckchen freue ich mich. Nun Schluß für heute. Viele herzliche Grüße, alles Gute + einen Kuß
Mutter.