Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 1. Februar 1942

Hanni

Köln-Dellbrück, 1.2.42

Mein lieber Junge!

Ehe ich den Sonntag beschließe, will ich noch ein halbes Stündchen mit Dir plaudern. Aus Deinem lieben Brief vom 23.1. ersehe ich, daß Du wohlauf bist, trotz der vielen Arbeit. Hat alles geklappt. Waren Deine Vorgesetzten zufrieden mit Deiner Leistung? –

Nun will ich Dir von mir erzählen. Ich bin heute mit Hanni + Elsbeth, (die mich darum bat) im Walde, in der Hardt gewesen. Auch unsern schönen Weg, von der Maar zum Hardthof sind wir gegangen, nein besser gesagt, gestolpert. So etwas von Schnee hast Du noch nicht gesehen, wenigstens hier nicht. Du mußt wissen, seit dem großen Schneefall am vorigen Sonntag hat es bis gestern noch jeden Tag + jede Nacht etwas dazu geschneit. Gott sei Dank die schlimme Kälte hat ja nachgelassen. Also man kann nicht von einer Straßenseite auf die andere. Berge von Schnee liegen überall. Die Bahnen verkehren so unregelmäßig und wenig. Aber im Walde war es wunderbar, ein Märchen.

recht viele + herzliche Grüße + eine festen Kuß + alles Gute
Deine Dichl. Mutter.

Übrigens heute war Lia hier. Morgen fängt sie in der Lindenburg an. Sie holte Deine Adresse. Sie freut sich auf ihre neue Arbeit.

Solch‘ einen schneereichen Winter habe ich noch nicht erlebt! – Meine Krawatten, die ich auftrennen mußte, sind fast fertig. Ich denke, sie morgen abzuliefern. Solch eine Arbeit. Gestern Nachmittag waren Fr. Plantz + Frl. Heeg hier. Heute Nachmittag war Oma kurz hier. Sie ist so voller Sorge + so aufgeregt. Heinrich hatte ihr geschrieben. Er hat so sehr Heimweh. Er schrieb aus Smolensk, er sei noch auf dem Transport! Ich glaube, er macht sich zu große Sorge. Oma tut mir leid, sie spricht vom Schlimmsten. Wir können ja nichts tun als für Euch alle beten. Der Dahl aus der Strundener Str., weißt Du, der in selben Zeit wie Du im Arbeitsdienst war, ist auch gefallen. Gott wolle uns behüten. Gerhard von T. Marie ist in Lettland. – Nun bist Du schon 4 Wochen wieder fort, der Januar ist herum, die Zeit fliegt. Ja, wir alle hoffen auf den Frühling. Möge er uns den Sieg in Rußland bringen. Der Tommy kommt in dem Wetter nicht viel. Direkt in Köln ist er noch nicht wieder gewesen, der wartet auch auf den Frühling. Nun will ich noch an Heinrich schreiben, tu Du es auch nochmal bald. Noch dieselbe Anschrift. Kpl. Dr. Hofmann soll in Rußland die Nase erfroren sein.

Nun bin ich gespannt, was es morgen für Arbeit gibt. Na, egal, gemacht wird alles. Ich rege mich nicht mehr auf. Also Du siehst, hier ist noch alles in Ordnung. Nun will ich schließen. Darf man bald gratulieren? Also mein lieber Junge