Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 4. Februar 1942
Köln-Dellbrück, 4.2.42
Mein lieber, lieber Junge!
Heute will ich Dir wieder einen lieben Gruß senden! Die Post von oben braucht jetzt wieder länger, Dein letzter Brief war vom 23.1. Das ist aber sicher bedingt, durch die schwierigen Transportverhältnisse infolge des vielen Schnee’s. Wie geht es Dir? Bist Du gesund? Und was gibt es sonst Neues? Habt Ihr den ersehnten Neuschnee bekommen. Wir hier haben soviel davon. Ein paar Tage hat es nicht geschneit, weil es zu kalt war, gestern wieder 22.° Seit heute Nacht schneit es nun tüchtig, sodaß die Schneedecke eine beachtliche Höhe erreicht. Wo soll das hin? Vom warmen Zimmer aus sieht das ja schön aus, aber die armen Menschen, die jeden Tag hindurch müssen + darin arbeiten, oder, wie die Soldaten in Rußland, darin kämpfen müssen. Man denkt es wäre fast unmöglich! In Köln hat man schon H-J. eingesetzt zur Schneebeseitigung neben vielen Gefangenen + andern Arbeitern. –
Ich war gestern beim Zahnarzt. Er hat mir 5 Zähne auf einmal gezogen. Natürlich
Komme, ruft er schon von weitem: „Anna“. Er ist ein Schlaukopf. Hanni hatte auch ein schönes Zeugnis. – Empfange viele herzliche Grüße + einen Kuß
von Deiner Mutter.
Hatte ich gestern Abend, (um 8 Uhr abends kam ich vom Arzt zurück) und die Nacht Schmerzen. Aber heute früh geht es schon wieder. Wenn nichts dazu kommt, bin ich zufrieden. Eine Seite, die linke ist nun sauber. Nochmal 5, dann ist alles fort oben. Also 8 habe ich nun weg. Ich muß mich nur vor Erkältung hüten. Ich bleibe schön zu Haus. Gestern Morgen habe ich mir Arbeit geholt! Als ich an der Reihe war zum Abgeben, holte Fr. Severin Frau Sonn, die nahm den Posten, den ich aufgetrennt hatte, an. Fr. Severin sagte kein Wort. Mit einem kurzen „Bitte schön“ legte sie mir Arbeit in den Koffer. Ich werde in Zukunft sehr höflich, aber auch sehr zurückhaltend sein. Man lernt immer noch dazu, auch bei den Menschen. Kopfschmerzen mache ich mir deshalb nicht. Meine innere Ruhe + Zufriedenheit laß ich mir nicht nehmen. Du siehst also, es geht mir soweit gut! Ich hoffe, wenn es gut geht, daß ich zu Ostern mit meinen Zähnen fertig bin, wenn H. Dr. Müller nicht vorher einberufen wird. Darum möchte ich von ihm alles gezogen haben, weil er das prima kann. – Nun Schluß für heute. Noch eins. Oberleutn. Thiel aus Thielenbruch, der bei Dir auf der Schule war,
ist in Afrika gefallen. Für die alten Eltern auch schrecklich! Möge unser Herrgott sie trösten. – Klein Fritzchen war auch wieder so schlecht dran. Ihm machen die Zähnchen sehr viel Schmerzen. Und das Näschen! Der arme, kleine Kerl. Wenn ich