Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 21. Februar 1942

Zu Hause, Samstag, den 21. Febr. 42.

Mein lieber Junge!

Es ist Samstag-Abend. Ich sitze mit Elli bei der Lampe, es ist schön warm im Zimmer. Die Arbeit ist getan, d. h. ich habe heute nichts getan. Gestern Abend war ich beim Zahnarzt. Drei Zähne hat er mir fortgenommen. Ein Backenzahn saß so fest, es war fast solch eine Arbeit, ihn heraus zu bringen, wie damals beim Schröder. Auf jeden Fall habe ich hinterher ordentlich Schmerzen gehabt + die ganze Nacht kam dickes Blut. Ich habe natürlich nicht viel geschlafen. Heute ist es etwas besser, der Kiefer tut noch weh, aber die Blutungen haben aufgehört. Nun noch 2, dann habe ich 13 Zähne heraus. Man wird doch etwas nervös, das bleibt ja nicht aus. Ich bin froh, wenn es überstanden ist.

Nun zu Dir. Wie geht es Dir mein Junge? Aus Deinem lb. Brief vom 13., für den ich herzlich danke sehe ich, daß Du wohlauf bist. Sonst auch alles beim Alten? Heute war Fr. Plantz hier. Richard hatte auch geschrieben. Auch Heinrich schrieb. Er erzählt allerlei von seinen Erlebnissen. 44° Kälte hatten sie. Oma macht sich viele Sorgen. Wenn Du Zeit hast, schreib ihr mal. Elli ist noch hier, ich bin froh, jetzt nicht allein

zu sein. Sonst in der Familie nichts Neues. Paul von T. Mal hatte auch aus Rußland geschrieben, T. M. war ganz traurig gewesen. Für die alten Mütter, die so viel in ihrem Leben mitgemacht haben, ist es auch schwer. Willi Stocksiefen ist in Finnland. Wir arbeiten jetzt schöne, warme Leibbinden aus Wollflanell für die Soldaten. Ich nähe sie gern. Morgen werde ich noch nicht heraus gehen, wo es wieder so kalt ist. Oma kommt vielleicht mal her mit den Kindern. Hanni ist noch fleißig in der Schule, sie geht gern. Von Erwin Riese schrieb ich Dir ja. Nun hat er sein Kind noch garnicht gesehen, traurig. Ja, der Krieg ist hart. Wie wird das erst im Frühjahr werden. Ich glaube, dann werden uns die Engländer ordentlich besuchen. Alles wie Gott will. Nun ist morgen der erste Fastensonntag. Ostern naht heran. Gebe Gott, daß wir Herr über die Russen und Engländer in diesem Jahre werden. Es wird noch harte Kämpfe kosten. Nun Gott befohlen, mein Junge. Bleibe gesund + halt guten Mut. Sei aufs herzlichste gegrüßt + geküsst von
Deiner
Mutter.