Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 9. März 1942
Köln-Dellbrück, 9. März 1942
Mein lieber, guter Junge!
Recht herzlichen Dank für Deinen lieben Brief vom 27.2. den ich heute erhielt! Ich bin so froh, daß Du wohlauf bist und ich bete täglich zu unserm Herrgott, daß er Dich gesund erhält an Leib + Seele. Ja im vorigen Jahr mußtest Du die schlimmen Schmerzen aushalten. Hoffentlich kommt das nicht wieder. Es ist schön, daß Du zufrieden bist, und das Ende des Krieges sehnen auch wir hier in der Heimat herbei. Das bessere Wetter wird uns auch den Tommy wieder öfter bringen. Letzte Nacht kam er um 3 Uhr früh bis 6 Uhr. Das wird wohl jetzt öfter so sein. Hoffentlich bleiben wir verschont. Der Frühling ist auch hier noch fern. Heute schien die Sonne ja schön, aber der scharfe Ostwind macht es kalt. In der Nacht hat es ordentlich gefroren. Wäre der Schnee mal erst fort. Gestern sah ich in Singens Vorgarten durch den zu Eis gefrorenen Schnee die zarten Spitzen der Schneeglöckchen hervorlugen. Man sollte es nicht für möglich halten. Hast Du die Sachen bekommen, die Du erwartetest für Dich? Dein Päckchen ist noch nicht angekommen! Ich freue mich darauf. Heute schrieb Heinr. mir einen langen Brief. Er sorgt sich doch sehr um seine Familie. Elli ist krank, sie hat nach einem heftigen Schnupfen Stirnhöhlenvereiterung. Sie hat viel Schmerzen. Sie ist hier bei mir. Gestern war Oma
hier, morgen will T. Finchen mit Fritzchen kommen. Das gibt ein Räuber. Wenn man ihn fragt: „Was bist Du, dann sagt er: „Der böse Friedrich! Er schwätzt alles. Nun haben wir am 19. März St. Josefstag. So sehr man sich auf das Frühjahr freut nach dem strengen, langen Winter, so ängstlich denkt man daran, was der Engländer noch alles anfängt! Wann mögen wir diese Sorge einmal los sein! – In der Familie ist noch alles in Ordnung. – Besondere Neuigkeiten wüßte ich nicht. Ich nähe wieder Krawatten.
Viele gute Wünsche für Dich, mein Lieber, und herzlichen Gruß + Kuß
Mutter.