Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 23. März 1942

Köln-Dellbrück, 23.III.42

Mein guter, lieber Jung!

Es ist Sonntag-Abend. Ich sitze allein, eben ist Agnes Böhner nach Hause gegangen. Da will ich noch ein Viertelstündchen mit Dir plaudern. Wie geht’s. Was hast Du heute angefangen? Weicht nun dort in N. auch bald der Winter. Nun wirst Du ja auch dort den Frühling kennen lernen. Oder geht es bald fort? Hier ist der Frühling eingekehrt. Es war heute herrliches Wetter, schon recht warmer Sonnenschein. Heute früh war Berta + Fritzchen ein paar Stunden hier. Nach dem Essen bin ich nach Gladbach

gefahren, in der Annahme, Oma sei mit den Kindern da. Aber Elli war allein. Wir haben dann einen ausgiebigen Spaziergang über Land zur Hombacher Mühle nach Herrenstrunden gemacht. Hier + da war noch Eis an den Hängen. Es ist doch etwas Anderes als im Winter. Ich bin dann kurz nach 6 Uhr zurückgefahren, weil Combüchens vielleicht kamen, wenn Georg nicht nach Hause käme. Er liegt augenblicklich in Wahn. Nun wird es gleich 11 Uhr. Unsere Flieger sausen noch herum. Hoffentlich kommt der Engländer nicht. – Gott sei Dank ist das Hochwasser des Rheins im Fallen. Die ganze Ufer-

straße war überschwemmt. Auch das noch zu allem Unglück! Heute habe ich Dich sehr vermißt. Ich dachte heute früh als ich aus der Kirche kam, wie schön wäre es, wenn nun Rudolf hier wäre. Heute wurde übrigens ein sehr scharfer Hirtenbrief vorgelesen. Ich habe mich gewundert! Ob Ihr dort auch Eure Ostern halten könnt? Heute habe ich das erste Huflattich-Blümchen gefunden. Und Kätzchen habe ich mitgebracht! Morgen geht es so Gott will fleißig an die Arbeit. Nun gute Nacht, mein Junge, leb wohl + bleib‘ gesund.

Ich grüße Dich auf das Herzlichste + bin mit einem festen Kuß
Deine
Mutter.