Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 1. April 1942
Am 1. April 1942.
Mein lieber Rudolf!
Ehe ich mich zur Ruhe begebe, will ich Dir noch einen lieben Gruß senden. Hoffentlich wird es eine ruhige Nacht, ohne Alarm. Wie mag das sein, wenn wir des Abends nicht mehr daran zu denken brauchen. Doch das wird noch einige Zeit werden. Was mögen die Engländer bis dahin noch alles anfangen. Bei Euch in N. waren sie ja auch. Hattet Ihr Alarm? Ich hoffe + wünsche, daß Du gesund + zufrieden bist! Ich fühle mich soweit gut, nur habe ich jetzt, bei dem rechten Aprilwetter, das pünktlich mit dem ersten einsetzte Rheuma in der rechten Seite, bes. im Bein. Da muß die Sonne ordentlich drauf brennen im Sommer. –
Gestern früh war ich in Gladbach betreffs der arischen Abstammung. Da ich die Adresse kannte, erfuhr ich dort, daß mein Vater in Strunden geboren ist. Die Akten sind in Mülheim beim Standesamt, früher in Holweide bezw. Merheim. Ich bin gleich nach Mülheim gefahren und habe dort die
Sache erledigt! Ich habe eine doppelte Ausfertigung der Urkunde bestellt + bezahlt. Da ich sie nicht bekam, habe ich Deine Adresse angegeben und so wirst Du sie demnächst erhalten. Nun muß ich noch Oma’s Urkunde haben, dann genügt es ja wohl. Mußt Du auch meine Geburtsurkunde haben? Die habe ich ja hier. Hast Du Vaters Sachen gefunden? Ich werde jetzt sofort auch um Oma ihre Geburtsurkunde schreiben + hoffe, sie bald zu erhalten! Dann wäre das erledigt. Morgen mache ich das Letzte am Osterputz. Gestern brachte mir Agnes Böhner schon 8 schöne, rote Tulpen. Sie sehen so schön + festlich aus vorn im Zimmer. Schade, daß ich mich nur allein daran freue! Leider konnte ich Dir zu Ostern keine besondere Freude machen, man kann ja nichts schicken und man bekommt auch nichts. Gestern bekam ich Dein Gehalt, jetzt 183 Mk. + eine Nachzahlung. Mal sehen, ob ich ein größeres Teil für die Wohnung kaufen kann. Und nun genug für heute! Ich lege Dir Taschentuch No 4 bei. – Nun sei auf das herzlichste gegrüßt und geküsst mit den besten Wünschen von
Deiner Mutter.