Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 13. April 1942
Köln-Dellbrück, 13.4.1942.
Mein lieber Rudolf!
Nun will ich Dir weiter Deine Briefe aus der Karwoche beantworten, da ich gestern gestört wurde, und nicht mehr dazu kam. Ich bin nämlich mit Elli, die gestern zum Essen nach Dellbrück gekommen war, zu Fuß nach Gladbach gegangen, dort noch spazieren gegangen, und am Spätnachmittag haben wir uns den Film „Zwei in einer großen Stadt“ angesehen. Ganz nett. Dann war ich um 8 ¼ Uhr wieder zu Hause, habe mit Jansens ein bischen erzählt + bin früh schlafen gegangen. Ein Glück, um 12.20 Uhr kam schon der Tommy + blieb bis 3 ½ Uhr. Er war wieder in Köln + in den Bergen.
Auf dem Adolf Hitler Platz ist wieder ein Flugzeug heruntergekommen, man hörte das Sausen bis hierher. Es waren keine Bomben mehr darin. Häuser sollen beschädigt sein. Was weiter passiert ist, weiß ich noch nicht. 3 sind hier herum abgeschossen worden. Die Scheinwerfer hatten sie sofort gefasst + dann setzte Schießen ein, andauernd. Ich glaube, wir machen noch viel mit. Ich würde mich am liebsten den Sommer über bei Bauern einmieten + dort mithelfen. Was meinst Du.
Also Du bist jetzt allein da? Wo sind denn die andern Herren der B.? Wohnen die für sich allein? Und die andern? […]? Ich freue mich, daß Du so ruhige, besinnliche Kartage gehabt hast + früherer Zeiten gedacht hast! Du mußt nur nicht immer von Opfer meinerseits + Wiedergutmachen sprechen. Ich tat nur meine
Pflicht, und habe ja auch durch Dich viel Freude + manchen schönen Tag gehabt. Wie zufrieden + froh waren wir, wenn wir an schönen Sommertagen wanderten? Jetzt bin ich insofern nicht ganz zufrieden, weil ich garnichts für Dich tun kann + Dir nichts schicken kann, Dir keine Freude machen kann. Einer Mutter ist nur so recht wohl, wenn sie für ihr Kind sorgen kann. Das fehlt mir jetzt. Möge uns Gott die Gnade geben, daß ich das noch einmal kann.
Nun bin ich für Oma’s Geburtsurkunde gelaufen. Morgen, so Gott will, fahre ich nach Lindlar und hole dort die Urkunden. Ich habe auch die Lebensdaten von Großvater + Großmutter. Vielleicht bekomme ich die auch dort. Dann schicke ich sie Dir zu. Dann mußte ich noch die Eltern von meinem Vater haben, dann hättest Du
das Wichtigste. Ich habe eben nochmal nachgesehen im Schreibtisch, Vaters Urkunden sind nicht da. –
Hast Du nun endlich Deine neue Uniform? Ich meine, das dauerte aber lange. Den Rock hattest Du doch lange in Arbeit. Ist sie schön geworden? Hast Du nun alles? Hast Du Dir auch schon Wäsche gekauft? Sind die Taschentücher angekommen?
Morgen schicke ich Dir ein paar Nüsse, wir bekamen welche zugeteilt. Ich kann sie nicht essen, Du hast sie gern!
Nun schließe ich mit den besten Wünschen für Dein Wohlergehen + sende Dir herzlichen Gruß + Kuß
Mutter.
Am Mittwoch begeht T. Marie ihren 80. Geburtstag. Willi wurde Gefreiter.