Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 20. April 1942

Köln-Dellbrück, 20.4.1942

Mein lieber Rudolf!

Ich möchte Dir einen lieben Gruß senden in der Hoffnung, daß Du wohlauf bist! Ich habe nun acht Tage keine Nachricht von Dir, und bin etwas beunruhigt, weil ich denke, daß Du vielleicht fort gekommen bist! Dann müßte ich, genau wie alle andern Mütter, das auch tapfer auf mich nehmen, wenn es auch schwer ist! Ich kann nur immer wieder beten für Dich + alle Soldaten, und um Kraft für mich selbst. Heute war es mir mal wieder schwer ums Herz. Ich sah + hörte so Vieles Betrübliche. 7 Verwun-

dete standen auf dem Heumarkt, alle hatten ein Bein verloren. Dann sind hier in Dellbrück wieder 4 gefallen. Von der Röhrigs-Tochter ist der Mann gestorben, der hellblonde, die früher an der Ecke Haupt + Thurnerstraße wohnten; in Rußland an Kopfgrippe. Der Krieg ist furchtbar. Jetzt erst spüren wir ihn richtig. Ich bin gegen Abend mal zur Kirche gegangen, es hat ja keinen Zweck, daß man den Kopf hängen läßt.

Heute hatten wir das erste, heftige Gewitter. Gestern war ich mit Fr. Plantz + Agnes Böhner spazieren. Gestern Abend kamen Combüchen’s mit Georg unerwartet für ein Stündchen. G. kommt auch bald fort. Er ist bei der Heeresflak, Fahrer. Frau

Comb. ist in einer Wäscherei tätig. Sie meinte, ich sollte auch dorthin kommen. Ich tue es aber nicht. Immer im Nassen arbeiten. Lieber ginge ich schon aufs Land, den Bauern helfen, da, wo weniger die Flieger hin kommen. Mal sehen.

Hast Du nun inzwischen alle Papiere bekommen? Ich hoffe doch! Konntest Du alles abschicken zur Wehrmacht? Hast Du Vaters Urkunden gefunden? Andernfalls mußt Du nach Bornheim, Kreis Alzey, Rheinhessen schreiben. Hast Du mal an T. Marie geschrieben, ihr gratuliert. Tu es mal, sie freut sich doch. Oma + Joh. haben wieder Zwistigkeiten. Beide sind so heftig, da

bleibt das nicht aus. – Ich hoffe nun, recht bald von Dir Nachricht zu erhalten. Ich bin noch gesund, gottlob! Nun weiß ich nichts Neues zu berichten.

Mit den besten Wünschen für Dein Wohlergehen grüßt + küsst Dich herzlich
Deine
tr. Mutter!