Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 26. April 1942

Köln-D. 26.4.42.

Mein lieber Rudolf!

Nun ist der Sonntag vorbei. Es war ganz schönes Wetter, nur windig. Ich hatte heute einen Gruß erwartet, der leider nicht kam. Jetzt an den schönen Sonntagen, werde ich Dich wieder vermissen. Ich war heute früh nach der 8 Uhr Messe noch im feierlichen Hochamt für Dich! (Schutzfest des hlg. Josef). Dann habe ich gekocht, gegessen + um 2 Uhr bin ich mit Agnes Böhner zur Asselborner Mühle gewandert. Gern hätte ich ja andere Begleitung, aber Agnes ist auch ein armes Menschenkind. Auf dem Rückweg bin ich nach langer Zeit mal wieder im Ratskeller gewesen, aber da ist nichts mehr los. Eine Weinkarte

gibt es nicht mehr. Für 2 Damen gibt es ½ Flasche! Na ja, das ist ja auch weiter nicht wichtig. Der Sonntag-Abend zu Hause ist dann sehr einsam. Aber das wird es noch oft sein, der Führerrede nach zu urteilen. Der Krieg fängt erst richtig an. Und da meintest Du, bald sind wir wieder zu Hause. Ich las dieser Tage noch mal alte Briefe von 1939, da meintest Du schon, bald käme das Ende. Ich habe jetzt alle Deine Briefe in den großen Ordner eingeheftet, der Reihe nach, weil ich die Briefe nachgesehen hatte betr. Vaters Papiere. Ich glaube, noch mal so lange können wir rechnen, wie er bis jetzt gedauert hat. Was meinst Du? Ihr Alle kommt noch nach Rußland, paß mal auf! Was ja die Jungen dort mitmachen, ist unmenschlich! Ist das noch Krieg?

Und hier wird es auch nicht besser, im Gegenteil! Wenn man nicht unsern Herrgott hätte, könnte man verzweifeln. Man steht so machtlos da! Hoffentlich kommt alles zu einem guten Ende!

Wie geht es Dir gesundheitlich? Was hast Du heute gemacht? Elli hat ihren Josef schon wieder für 14 Tage hier. Das sind auch Soldaten? – Mit meinen Zähnen geht es besser, sie sind noch etwas geschwollen, aber ich kann es aushalten. – Ich lege Dir Großmutter Geburtsurkunde bei. Betreffs der Taufscheine sehe ich mal! Ich will jetzt m. Vaters Eltern noch ermitteln. Was gibt es bei Euch Neues? Wie ist das Wetter. Ist dort nun auch alles grün? Hier fangen die Bäume an zu blühen, aber es gibt nicht viel.

Von hier wüßte ich nichts Besonderes zu berichten. Ich nähe wieder Krawatten. Mein Störschutz habe ich noch nicht! Alles ist so umständlich! Heinrich hatte wieder an Joh. geschrieben. Ich will jetzt noch an Schlössers Bernhard schreiben. –

Nun schließe ich für heute Rudolf! Empfange die herzlichsten Grüße + einen Kuß mit den besten Wünschen von
Deiner
Mutter.