Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 27. April 1942
Köln-Dellbrück, 27.4.42.
-28.
Mein lieber Junge!
Eben kommen wir aus dem Luftschutzkeller, es ist ½ 3 Uhr morgens. Heute hat es nochmal ordentlich geknallt. Ganz im Anfang sind 2 Flugzeuge brennend abgestürzt + in unserer Nähe, vielleicht Merheim heruntergekommen. Auch Brände sieht man. Gott sei Lob + Dank, wir sind noch mal verschont geblieben. Die armen Menschen, die umgekommen sind, ober die noch jammern. Es ist schrecklich. Heute, vielmehr gestern, Montag, ist auch noch keine Post gekommen. Hoffent-
lich bald. Ich denke, daß es Dir gut geht, und ich hoffe + wünsche, daß alles beim Alten ist! Bist Du zufrieden? So Gott will, fahre ich morgen früh abliefern, und sehen, was alles passiert ist in Köln, denn das war nochmal ein Großangriff. Jetzt haben wir etwas über 300 x Alarm gehabt des Nachts. Fr. N. erzählte es mir, die es mit Tag + Datum aufgeschrieben hat! Nun will ich mich hinlegen. Morgen schreibe ich weiter. Ich bin jetzt müde!
Mein Junge, von Köln zurückgekehrt, will ich Dir berichten, was war. – Es war ähnlich wie voriges Jahr im Juli der große Angriff. In Deutz sieht es schlimm aus. Dann haben
u. n gebrannt! Skt. Gereon Kirche, Skt. Kunibert, Skt. Georg, Skt. Pantaleon, Maria in der Schnurgasse völlig ausgebr. Dann eine protest. Kirche am Filzengraben ganz in Trümmer. Marienhospital von Kunibert 2 Stockwerke ausgebrannt, Klöckner Werk nach Poll zu ausgebrannt, + viele Wohnungen ausgebrannt, bei dem herrschenden, starken Wind. Es ist traurig, wenn man alle die Zerstörungen sieht. Das ist die Antwort auf die Führerrede. Das geht bis zur völligen Vernichtung weiter. Jetzt kommen sie sicher 3-4 Nächte nach Köln. Ist der Krieg nicht grausam? Morgen schon kann man vor dem Nichts stehen, wenn man mit dem Leben davonkommt! Im Raume von
Köln sind 4 abgeschossen worden, der erste liegt in Kalk. Ja Rudolf, da kann man nicht sagen, daß man gutgemut ist. Nur das Gottvertrauen hält einen aufrecht! Heute leide ich wieder unter Rheuma, das rauhe Wetter ist schuld. Dann tut mir auch der ganze Mund weh. Im Keller ist es ja auch so kalt, schon ein paar Monate wird nicht mehr gestocht!! Auch meine Kohlen sind fast alle. Noch ein paar Tage. Hoffentlich kommen bald welche. Ja, jetzt erst merken wir den Krieg.
Habe ich nun genug gestöhnt? Du denkst auch, das sind keine Briefe, aber, hoffen wir, daß es auch mal wieder besser geht! Ich grüße Dich recht, recht herzlich + sende Dir einen lieben Kuß
Mutter.