Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 27. Juni 1943
Köln-Dellbrück, 27.6.43
Mein bester, lieber Junge!
Einen lieben Sonntagsgruß sende ich Dir! Zugleich danke ich Dir für Dein liebes Briefchen vom 24.6. Es ist mir unerklärlich, wo denn die Post bleibt, ich hoffe, inzwischen ist sie eingetroffen. Du kannst Dir ja denken, daß ich geschrieben habe. Gott sei Dank geht es mir immer besser, nur ermüde ich noch schnell. Nach Iddelsfeld war ich noch nicht. Heute ist nun wieder kaltes, unfreundliches Wetter, sodaß es nichts zum spazierengehen ist. Zum ersten Mal war ich heute in der Kirche im Hochamt, es war sehr feierlich. (Fronleichnamsfeier). Herrlich war der Altar mit weißen Lilien geschmückt. Ich dankte unserem Herrgott dafür, daß er mir die Gesundheit wieder geschenkt hat. Denk‘ mal, letzte Nacht hatten wir keinen Alarm. Ich wurde um 3 Uhr wach + freute mich, daß die Stunden des event. Alarms vorbei waren. Gott sei Dank! Jeden Morgen freut man sich neu über jeden Tag, den man noch erleben darf. – Gestern wurden O. Georgs Bruder + Schwägerin beerdigt. Es ist sehr hart für die Tochter, in einer Nacht die Eltern verloren, das Elternhaus + ihre Arbeitsstätte. Berta + Anneliese Heider sind in Dausenau. Das Essen wäre gut + reichlich! Fr. Lingens kam vom Schliersee zurück! Johanna ist noch in Dresden. Besuch bekomme ich keinen mehr, außer A. Böhner. Ich ärgere mich oft über Elsbeth. Sie ist so ungefällig, wo sie sieht, daß ich allein bin. Na, egal! – Rudolf, verwahre bitte etwas Rauchwaren, wenn Du kannst! – Ich freue mich schon auf Deinen Urlaub, hoffentlich kann ich dann schon etwas laufen. Am Donnerstag muß ich noch mal zu Dr. Berhausen. Er ist sehr zufrieden. Oma ist heute in Gladbach! So, nun weiß ich nichts mehr. Herzlichen Gruß + Kuß sendet Dir
in alter Liebe
Mutter