Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 29. Juni 1943
O.-U. den 29.6.43
Liebes Mütterlein!
Gleichzeitig mit der Schreckensnachricht von erneutem schweren Terrorangriff auf mein liebes, armes Köln, dem auch der Dom neben vielen anderen ehrwürdigen Bauten der Hansestadt zum Opfer fiel, kam Dein lieber Brief vom 24. d. M. an. Für Dieses liebe Schreiben empfange meinen herzlichsten Dank! Ich freue mich von Dir ein Lebenszeichen zu erhalten. Nun frage ich mich in Sorge: ob dem Mütterlein nichts passiert ist? Möge Dich der liebe Gott erhalten und schützen. Ich habe Dich doch so nötig, ich habe doch nur Dich! Halte den Kopf hoch, Mütterlein, nur der Herrgott kann uns helfen. Willst Du nicht doch lieber für einige Zeit aus Köln fort? Soll ich einmal nach Bartz schreiben? Vielleicht kann ich auch sonst noch einen Aufenthalt besorgen. Schreibe mir einmal ganz offen Deine Meinung darüber! Ich möchte Dir so gerne helfen, nur für Dich da sein, Dir immer zur Seite stehen. Ausruhen sollst Du bei mir! Ja, wann mag dieser Wunsch in Erfüllung gehen? – Stell Dir vor, Praxis in einem Landstädtchen, schönes Heim, nette Familie, Du in einer netten, sauberen Wohnung in meiner Nähe. Aber soweit wollen wir noch garnicht denken. Zu Hause sein können, studieren dürfen, das müßte schön sein. Aber ruhig, das kommt Alles. Nur Eines müssen wir, den Krieg in dieser Phase überstehen, dazu verhelfe uns unser Herre Gott.
Mir geht es gut! Gestern kamen wir von mehrtägiger Übung zurück. Das war wiedereinmal nett, etwas Anderes. Habe heute ein Päckchen mit Kaffee abgeschickt. Ich bin froh, daß die Butter angekommen ist! Schade, daß ich kein Obst schicken kann. Hier gibt es ganz herrliche Erdbeeren. –
Ich werde Dir morgen, wenn ich wieder ausgeschlafen habe, ausführlicher schreiben. Auch geht mir im Augenblick die Tinte aus.
Mit vielen herzlichen Grüßen, Küssen
und den besten Wünschen
verbleibe ich
Dein großer Junge.
Warum grüßt und küßt mich denn Anna und nicht die treusorgende Mutter? Warst Du wegen des Fliegeralarms so aufgeregt?