Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 3. September 1943
Köln-Dellbrück, 3.9.43
Mein lieber Rudolf!
Herzlichen Dank für Deinen lieben Sonntagsgruß vom 28.8.43. Für Deine guten Wünsche zu meiner Erholungsreise danke ich Dir auch. Wie Du weißt, ist sie ja schon beendet! Ich habe mich wirklich gut erholt bei dem wunderbaren Wetter + der Ruhe dort! Du bist also trotz der vielen Arbeit wohlauf, das freut mich! – Daß Du ein bischen ärgerlich wurdest, als ich über die Mädchensache schrieb, dachte ich mir. Du mußt mich verstehen Rudolf, ich mag nicht, daß man Dich auch nur in Gesellschaft von nicht gut beleumundeten Mädchen sieht. Du
magst das ja auch nicht gewußt haben. Nur das Mädchen mag auch mehr geprahlt haben, als nötig. Ich wünschte, Du würdest ein gutes, nettes Mädchen kennen lernen, daß zu Dir paßte. Aber, auch das lege ich in Gottes Hand. Ich kann nur immer + immer wieder für Dich beten. –
Heinrich ist ja verlegt worden. Er hat Heimaturlaub beantragt. Nun ist Hanni erneut erkrankt. Fieber + Halsgeschichten. Hoffentlich nichts Ernstliches. Liesel soll sehr Heimweh haben, aber Oma auch. Ich bin gespannt, wann sie nun nach Hause kommen. – Das Wetter scheint auch besser zu werden, heute war es sehr schön! Wie ist es dort?
Was sagst Du dazu, daß der Engländer in Italien ist? Der älteste Sohn von Comuth, 18 Jahre alt, ist auch im Osten gefallen. Und immer halten die schweren Kämpfe noch an. Unser Luftschutzkeller ist bald fertig. Ich will demnächst einige Sachen in die Berge bringen. Ich schließe für heute. Sei auf das herzlichste gegrüßt + geküsst von
Deiner
sich stets um Dich sorgenden
Mutter.
Verse des Meiji Tenno
(1852 – 1912)
Immer tiefer wird der Schnee Schauend auf zum klaren Himmel,
Und Dunkelheit umfängt die Welt; wird auch klar und rein das Herz.
meiner Krieger ich gedenke Etwas leuchtend Klares stieg wohl
in dem kalten Lagerzelt. von dem Himmel erdenwärts.
Noch nicht ganz verdunkelt ist Wirble durch die Lüfte, Wind,
der Schnee dort auf den Bergen fern, du Bote aus dem Himmelshaus.
dennoch sieht man zwischen ihnen Fege aus der Menschen Seele
hell und klar den Abendstern. allen Erdenstaub hinaus!
Zugefroren ist der Teich im Oft muß ich die Wohnung wechseln,
kalten Winter; doch ich weiß doch ich bleib an einem Ort:
einen Wasserstreifen drinnen; In dem Herzen meines Volkes;
nimmer wird ein Quell zu Eis. überall und immerfort.
Übertragung von Prof. W. Oehlke
mit Genehmigung der F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung