Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 12. September 1943
Sonntag, den 12.9.43
Mein liebes Mütterlein!
Für Deinen lieben und treusorgenden Glückwunsch zum Geburtstag muß ich Dir aus vollem Herzen danken. Ich habe mich über Deine lieben Zeilen sehr gefreut besonders als ich gelesen habe, daß Dir die Erholung, die leider nur kurz gewesen ist, gut getan hat.
Nun haben wir schöne Spätsommertage, die Du nach Möglichkeit ausnutzen mußt. Du Ärmste, mußt Du jetzt wieder allnächtlich in den Luftschutzkeller? Bleibst Du jetzt nach Fertigstellung des Kellers im Haus? Liebes Mütterlein, mach‘ Dir doch um mich nicht solche Sorge. Ich bin doch so alt und kritisch geworden daß ich mit genügender Vorsicht auch in der Wahl einer Frau vorgehen werde. Ich habe mich tatsächlich etwas geärgert. 1. Bedeutet mir dies Mädchen nichts, 2. glaube ich nicht, daß sie den schlechten Leumund verdient, 3. tut mir die Kleine leid, weil sie mutterseelenallein in der Welt steht. Na, mein Ärger ist fort. Ich verstehe Deine Sorge, sie ist aber völlig unbegründet.
Ich hatte einen schönen Geburtstag. Deine Post kam pünktlich an. Blumen über Blumen kamen an. Ich habe noch nie soviele Blumen geschenkt bekommen. Die Schreibstubenleute schenkten mir ein hübsches Buch. Mittags kam die neue Marketenderzuteilung, abends konnte
also im kleinen Kreis gefeiert werden. Die Feier zog sich dann auch bis morgens 4.00 Uhr hin. Es war recht gemütlich.
Was hört ihr Neues aus Dresden? Ist Hanni ernstlich krank? Kommen sie bald zurück nach Dellbrück?
Wir schauen mit Spannung auf die Ereignisse in Italien. Was sagt man in der Heimat dazu?
Wenn ich im Augenblick nur einmal in der Woche schreibe, bitte ich, daß zu entschuldigen ich bin sehr beschäftigt. Die Nächte werden zum Tag gemacht. Aber es geht mir gut, nur schade daß sich meine Versetzung zerschlagen hat. Vielleicht wird es später doch noch einmal klappen.
Gruß und Kuß
Dein Junge.