Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 3. September 1944
Im Felde, den 3.9.44
Meine liebe Mutter!
Heute am Sonntagmorgen sendet Dir Dein großer Junge seinen Gruß. Von Herzen wünsche ich Dir Gottes reichen und gnädigen Segen. Möge Dich der Herrgott stark machen, Dich durch alle Unbilden und Gefahren der Kriegszeiten führen und uns ein Wiedersehen in Gesundheit und Zufriedenheit schenken. Wir wollen nie vergessen, daß er uns wunderbar geführt hat, uns die Gesundheit erhalten hat, unser Heim gegen Verwüstung und Brand schützte. Wir können nur immer wieder danken und bitten, daß er uns weiterhin unter seinen Mantel nimmt.
Mit großer Freude las ich von Deinem schönen Ferienaufenthalt und hoffe, daß Du gut erholt, von der Sonne verbrannt nach Hause zurückgekehrt bist. Berta schrieb mir gestern, daß sie bedauert, daß Du nicht mit Tante Stina nach Kufstein gefahren bist. Ich glaube Dir gerne, daß Du froh bist Deine Freitage in Ruhe und Frieden, ohne die Laune einer alten Tante, die vielleicht berechtigt sind, verbracht zu haben. Man muß ja auch einmal allein sein, man will sich nicht dauernd in seinen Gedankengängen gestört sehen. Andererseits bist Du genug alleine, und hast zuviel Zeit zum Grübeln und Sinnieren. Dir fehlt junger Umgang, nicht immer alte Unktanten, wie Du selbst sagst; Ali müßte ab und zu Dich besuchen können!
Gestern Abend erhielt ich ihren lieben Brief vom 16.8. Sie hatte 2 Wochen Ferien. 8 Tage verbrachte sie bei ihrer Schwester in Amsterdam und die 2. Woche ist sie mit derselben, ihrem Mann und einer 3 köpfigen bekannten Familie in die Nähe von Utrecht gefahren.
In einem kleinen, ruhigen Dörfchen haben sie im See gesegelt und geschwommen. Braun verbrannt sei sie nach Haus gekommen und habe dort die Geburtstage ihrer Eltern gefeiert, die beide noch recht gesund sind. Eine nette kleine Geschichte erzählt sie von ihrem Schwesterchen Fincke. F. hatte bei Pronks zufällig mein Bild gesehen, war nach Hause gestürmt und gerufen: „Ali, Ali ich habe meinen Soldaten gesehen, der mir vor einem Jahr schon mal snoepjes, (sprich: schnupjes) geschenkt hat. Ali ist ganz aufgeregt gewesen und dann abends Fincke, als sie sie ins Bett brachte, ausgefragt und erfahren, daß es sich nur um mein Bild gehandelt hat. – Die Geschwister fragen oft ob noch Post von mir kommt. Sie haben wohl nicht erwartet, daß wir uns treu bleiben. Ich glaube, sie stehen jetzt alle auf unserer Seite. Auch in Alis Heim macht man sich Sorgen um die Invasion. Sie könnte ja auch leicht in Mitleidenschaft gezogen werden.
Ich schrieb schon von Bertas Brief. Sie erzählt auch von Annelieses und Bernhards Zusammenkommen, und daß B. an Diphterie erkrankt sei. Wann schickst Du mir die kleine Ordensschnalle? Ich lege meinem Brief zwei Paketmarken zu, die für je 100 gr. Päckchen reichen.
Mir geht es ausgezeichnet. Ich bin gesund und habe weiterhin guten Mut. Der Bolschewik kommt nicht nach Ostpreußen. Heute wurde wohl in den Frontberichten etwas über unseren Einsatz gesagt. Wir erfahren, daß unser General uns verläßt, ein Korps im Westen übernimmt. Ein alter, früherer Rgt’s Kommandeur übernimmt unsere Division.
Wir Frontsoldaten haben alle guten Mut, wir lassen uns nicht unterkriegen. Am Ende siegt das gläubige Herz. Wir nehmen gerne alle Opfer auf uns um die Heimat vor asiatischen Horden, blutgierigen und rachsüchtigen Juden zu retten. Wir halten bis die Himmleraktion Ersatz schafft und die neuen Waffen kommen, die die Welt aufhorschen lassen. Diese werden eine Wende in der Kriegsführung herbeiführen.
Traurig ist das Geschehen, der Verrat in Rumänien. So dankt ein Land unsere Opfer, Blutopfer für die Freiheit seiner Bewohner. Es ist ein Jammer, wenn man hört, wie eine Stellung nach der anderen verloren geht, für die wir kämpften und uns tagelang mühten. Manches Kameradengrab wird wieder durch Russen beschmutzt und geschändet werden.
„Wir werden es aber trotz Allem schaffen!“
Land und Leute sind freundlich. Das arme Volk hat eine große Angst vor den Beglückungen der Russen, die sie bereits kennengelernt haben. Die Söhne des Landes kämpfen in unseren Reihen.
Nun habe ich noch einige geschäftliche Fragen. Welche Kleiderkarte habe ich eigentlich? Sind meine Geldsendungen alle angekommen? In den nächsten Tagen werde ich nochmals 200,00 Rm schicken!
Welche Neuigkeiten gibt es in der Heimat?
Ich grüße Dich mit den besten Wünschen und bin immer Dein Dich stets liebender
Junge.