Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 17. Oktober 1943
Guben, den 17.10.43
Mein liebes Mütterlein!
Heute muß ich Dir von Herzen für Deinen lb. Brief vom 6. d. M. und für das Päckchen, das endlich angekommen ist, danken. Und eben reicht man mir Deinen Brief vom 13. herein. Ich habe also einen wirklichen Sonntag und will Dir gleich antworten. Mir geht es wirklich gut, ich bin auch zufrieden, nachdem mir der Kommandeur, der gestern meinem Unterricht und Außendienst beiwohnte, gesagt hat, daß ich versetzt werde, d. h. er hat beantragt, daß das P.Q. meine Kommandierung in eine Versetzung umwandelt, und ich Anfang des nächsten Jahres mit der Feldabstellung rechnen kann. Ich habe somit noch Zeit mich darauf vorzubereiten. Ich habe eine lange Tuchhose bei einem
Schneidermeister in Guben in Arbeit, dann will bzw. muß ich mir Halbschuhe kaufen. Wenn ich Beides besitze bin ich salonfähig. Zur Abstellung benötige ich eine Sturmgeschützhose (Überfallhose wie sie die Fallschirmtruppen haben) und möchte Dich bitten mir die Skistiefel zu schicken. Reithose, Stiefel und Rock, als zweite Garnitur habe ich ja bereits! Bezugsscheine für Feldmütze, Kartenbrett usw. habe ich bereits länger. Vielleicht kannst Du mir etwas Geld für meine Einkäufe schicken?
Dein Päckchen kam gut an, obwohl es lange Zeit gebraucht hat. 2 Äpfel waren stark zerstoßen und hatten das Papier aufgeweicht, verdorben ist aber nichts. Den schönen, dicken Apfel habe ich eben als Sonntagsnachtisch verspeist, er war prima!
Oma und Heinrichs Lieben sind also wieder daheim. Ich kann mir vorstellen, daß alle froh sind. Wann kommt Heinrich
denn nach? Er kann trotz Allem aber noch immer froh sein, daß es so abgegangen ist. Wie sehen die Kleinen aus, größer geworden und noch immer so dick? Was macht Bertas Stropp?
Nun zu Dir! Es ist richtig, daß Du die letzten schönen Sonnentage des Jahres ausnützt, das Wetter ist herrlich, wenn man bedenkt, daß wir nur noch 2 ½ Monate bis Weihnachten haben. Ich freue mich, wenn ich höre, daß Du Dich wohl fühlst. Wie ging es Dir bei der Stellensuche? Ich meine doch bei Post oder Bahn müßten es doch Stellen geben, wo Du Dich nicht so sehr anstrengen brauchst und Du ohne große Umschulung Deinen Posten ausfüllen kannst. Ich halte Dir beide Daumen!
Heute schrieb mir Ali wieder einen netten und lieben Brief. Je länger ich von ihr fort bin, je mehr glaube ich zu
fühlen, daß sie für mich die Richtige ist. Sie ist jung, frisch und gesund. Sie ist nicht dumm, kommt aus ordentlichem und religiösem Haus und hat viel Herz und ein gutes Gemüt. Ich glaube auch, daß sie Dir gefallen würde. Sie schreibt, daß sie mich vermißt und oft an mich denkt und hofft mich nach dem Kriege wiederzusehen. Sie fragt nach Deinem Befinden, denn ich hatte ihr erzählt, daß Du, mein lb. Mütterlein, mit der ich allein sei, krank wärest. Sie wünscht Dir eine gute Besserung! Ein Jammer, daß es wieder eine Ausländerin ist! Ihre Mutter und Geschwister wissen von unserem Briefwechsel, ich wüßte gerne was ihr Vater dazu sagen würde. Mein Wunsch wäre es, daß Du sie einmal kennenlernen müßtest und ich Dein Urteil hören könnte.
Ich schließe mit vielen, guten Wünschen, herzl. Grüßen und einem Kuß
Dein Junge.