Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 24. Mai 1942

Pfingsten, 24. Mai 1942

Mein lieber Junge!

Heute, da Pfingsten ist, habe ich Zeit + Muße, mit Dir zu plaudern + Dir zu danken. Zunächst für Deinen lieben Brief vom 10.V., der in dem Päckchen war, daß mich so sehr gefreut hat, und das gestern in meine Hände kam. Das war eine Überraschung! Der schöne, warme Pullover ist ja fein für den Winter und ich freue mich sehr darüber. Ich kann ihn so gut gebrauchen, weil ich nicht viel an Wollsachen habe, und man auch schwer etwas bekommt. Auch bin ich froh, daß er dunkelblau ist, also mit einem Wort, Du hast es richtig getroffen. Auch für die S. + die Dose herzlichen Dank! Letztere habe ich mir gut munden lassen. Das war aber auch der letzte Brief, den ich bis jetzt bekommen habe. Ich hoffe, nach den Feiertagen etwas zu hören. Fein, daß es Dir gut geht + Du zufrieden bist. Daß Du mir heute besonders gefehlt hast, brauche ich Dir nicht zu sagen. Wann bekommst Du denn so ungefähr Deinen Urlaub? Ich möchte es aus dem Grunde wissen, weil ich mir dann meine

Ferien dafür aufspare. Schreib mir bitte einmal darüber, ja? Heute war ich den ganzen Tag allein, kein Mensch war hier, gegen 6 Uhr abends bin ich zur Oma gegangen, sie war mit den Kindern allein. Joh. war mit Elli nach Gladbach! Oma’s einzige Sorge ist Heinrich! Ich war in der vergangenen Woche auch unruhig. Es hat mich doch etwas mitgenommen, als ich hörte, daß Vater hier war. Diese gänzliche[?] Nichtachtung von seiner Seite tut mir doch weh! Ich bin ja froh, daß ich ihn nicht gesehen habe! Ich habe noch nicht mit T. Marie gesprochen. Na ja, ich kann nichts daran ändern. Er versteht mich eben garnicht! Ich habe besonders für ihn gebetet in den letzten Tagen + auch um Ruhe für mich gefleht! – Was ich morgen mache, weiß ich noch nicht, es kommt aufs Wetter an. Heute früh regnete es in Strömen, ein Sturm herrschte, wie im November + kalt war es auch.

Heute Abend geht es, es sieht aus, als ob es besser werden wollte. Sollte es morgen schön sein, dann gehe ich mal nach Romaney und sehe mir das Haus an, in dem Vater einige Tage geweilt hat! Das gibt dann auch eine Mischehe. Käthi, jetzt Fr. Weidmann soll auch dagewesen sein. Ich hätte die gerne mal gesehen. Na, vielleicht zur Hochzeit, wenn sie sich kirchlich trauen

lassen. Na, nun genug davon. – Habt Ihr die Pfingsttage gut gelebt? Und was hast Du angefangen. Warst Du in G.? Wie geht’s dort. Bitte bestelle viele Grüße dahin. Diese Woche muß ich zum Zahnarzt, dann nimmt er Maß für neue Zähne. Hoffentlich habe ich sie, wenn Du in Urlaub kommst! Ich freue mich ja sehr darauf! Überhaupt auch auf Deinen nächsten Brief. Darum hat mir das Päckchen auch so viele Freude gemacht, weil ich sehe, daß ich doch jemand habe, der zu mir gehört + mich gern hat + mir gut ist, gelt, mein Junge? Wir wollen zusammen halten! Alles, wie Gott es will! Und nun für

heute Schluß. Empfange viele liebe Grüße + einen treuen Kuß von
Deiner
Dich liebenden Mutter.