Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 7. Juni 1942
O.-U. den 7.6.1942
Mein liebes, gutes Mütterchen!
Der heutige Sonntag gibt mir nun endlich wieder die Zeit um mit Dir, dem Besten was ich auf der Welt habe, was ich in der Heimat besitze, zu plaudern und Dir von meinem augenblicklich arbeitsreichen Leben zu erzählen.
Als Erstes möchte ich Dich heute mit bangem Sorgen nach Deinem Befinden fragen. Ja, ich sorge mich um Dich, kein Wunder, wenn der Rundfunk, wenn die Tageszeitungen von dem britischen Terrorakt auf die rheinische Metropole, auf mein geliebtes Köln sprechen. Du glaubst garnicht wieviele Gerüchte umlaufen! Du müßtest die Augen sehen können, mit denen die Kameraden ungeduldig und sehnsüchtig die Postverteilung beobachten und wie die Augen dann aufleuchten, wenn sie ihren Namen hören, wenn sie den Brief ihrer Lieben daheim in Händen halten. Auch ich warte nun auf ein liebes Wort, einen kurzen Gruß von Dir, der mir sagt, daß Du den engl. Angriff gut überlebt hast und daß unser Heim mit Gottes Hilfe, Schutz und Segen nochmals heil geblieben ist. Ich kann ja nicht mehr für Dich tuen als beten. Ich möchte Dich dem Herrn ganz besonders in seine heiligen Hände legen.
Ich danke Dir herzlichst für Deine lieben Briefe vom 24. und 26. Mai. Ich freue mich, daß Dir das Päckchen Freude gemacht hat. Ja, mein Mütterlein, keiner versteht Dich so gut wie ich, keiner denkt so viel und mit sorgender
Liebe an Dich, wie Dein großer, dankbarer Junge. Ich habe nur den einen Wunsch Dir viel Freude zu machen und Dir für all das unnennbare Gute, was ich durch und von Dir erhielt, eine kleine Abzahlung zu machen, soweit Kinder das ihren Eltern überhaupt gutmachen können.
Daß Vaters Erscheinen in Dellbrück erregend gewirkt hat kann ich verstehen, selbst mich packte es noch. Es gibt doch keinen der besser zu uns passte, und er verkennt uns, verleugnet uns und ich glaube haßt uns, weil wir ihm sein Leben lang ein Alpdruck gewesen sind. Da muß er allein mit fertig werden, wir wollen für ihn beten.
Ja, das Leben ist merkwürdig, die Welt klein. Kommt nun wieder einer aus Hessen, aus Vaters Verwandtschaft in’s Bergische Land. Ob die jungen Leute denn kath. heiraten? Dann ist die Trauung wohl in Gladbach? Gehst Du dann mal hin?
Du schreibst, daß Du viel Arbeit hast, Du schreibst von großen, neuen Aufträgen, wie ist denn die Bezahlung? Da ich gerade von Geld spreche, schreibe mir doch bitte einmal wieviel ich jetzt monatlich als Kriegsbesoldung erhalte.
Ich erhielt Post von Heinrich, Willi und Berta. Gerne sähe ich den kleinen Fritz. Na ich werde ihn ja im Urlaub sehen. Wann der ist? Mit Gewißheit kann ich das nicht sagen, denn das regelt das Regiment. Ich denke aber im August an der Reihe zu sein.
Gesundheitlich geht es mir gut. Ich bin frisch und froh, treibe täglich Frühsport. Nächsten Sonntag werde ich beim Sportfest der Einheit tüchtig mitmachen. In dieser Woche war ich viel unterwegs zum Offz.-Unterricht usw.
Gerd schrieb mir in dieser Woche, ich soll Dich herzlich grüßen. Ich glaube sie sorgt sich schon um Dich, das kleine Mädel. In G. würde ich Dich für die Kriegszeit gerne wissen, dort könntest Du Dich erholen, dort wirklich wie im Frieden leben.
Das Wetter ist weniger schön, seit rund 8 Tagen regnet es. Jetzt wird es hier eigentlich erst frisch grün, bei solch schönem Anblick, denke ich dann viel und gerne an die schönen Sonntagsausflüge daheim.
Nun, liebes Mütterlein bitte ich Dich mir bald zu schreiben, damit ich die Sorgen los werde.
Mit meinen allerbesten Wünschen und frohen Grüßen
küßt Dich
Dein Junge.