Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 28. Juni 1942

Köln-Dellbrück, 28.6.42

Mein lieber Rudolf!

Nun ist schon der letzte Sonntag im Juni, das Jahr ist schon zur Hälfte herum. Wo bleibt die Zeit? Es ist ein dunkler, kühler + nasser Sonntag. Nach herrlichen Sonnentagen kam am 24. ein Gewitter und darnach wurde es kühl, man kann sagen kalt. Ohne Feuer kann man nicht sitzen. Hoffentlich kommt bald die Sonne wieder. Man sehnt sich so sehr darnach! – Wie geht es denn meinem großen Jungen? Bist Du mobil + zufrieden? Was hast Du heute gemacht. Hast Du Dich ausgeruht. Nun kommt der Urlaub schon immer näher. Etwas Sorge macht mir diesmal die Verpflegung. Ich habe gestern die erste Marmelade eingekocht. So sehr viel Obst gibt es nicht. Auch darf nichts direkt vom Erzeuger gekauft werden. Ob wir etwas in die Gläser bekommen?

Mir geht es noch gut. Hätte ich nur meine Zähne in Ordnung, wenn Du kommst! Wie ist es hast Du um die Kleiderkarte geschrieben,

und auch nach Bornheim? Ich werde mich jetzt aber um die Taufscheine kümmern.

Heute war ich bei Johanna, die gestern von Dresden zurückgekommen ist. Heinrich hatte sich sehr gefreut. Hoffentlich kommt er mal etwas näher, damit man ihn mehr besuchen könnte. Heute morgen war Fritzchen hier, er weiß schon wo ich wohne. „Hier wohnt Tante Anna“, sagt er. Nun allerlei Neuigkeiten von hier. Am kommenden Sonntag heiratet Hubert [..]. Er wohnt am Thielenbruch! – Dr. Berhausen hat sein ältestes Töchterchen von 6 Jahren an Scharlach verloren. Er hatte sie im Schwarzwald zur Erholung. Bei Lingens ist in ein paar Wochen Verlobung, Marianne verlobt sich mit einem Marineoffizier. Fr. Lingens sprach mich an, ob Du ihr einen Stein besorgen könntest, Lapis-Lazuli, sie wolle dem neuen Schwiegersohn ein Ring machen lassen. Ich sagte ihr, Du hättest schon länger gerne selbst einen Ring und hättest Dir sicher schon gekauft, wenn Du Gelegenheit dazu hättest, es sollte wohl nicht möglich sein! Ist so recht? – Hast Du Dir einen Koffer besorgt für Deinen Urlaub? Sicher nicht! Ich freue mich auf Deinen nächsten Brief. Ich will noch an Bartz schreiben, ich bekam von dort einen Brief. H. Bartz Bruder ist gestorben. Auch an Heinrich muß

ich noch schreiben. Dir, Rudolf sende ich viele herzliche Grüße + einen lieben Kuß
Mutter.