Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 2. Juli 1942
O.-U. den 2.7.42
Mein liebes Mütterlein!
Ich bin wieder im Lande und genieße heute die göttliche Sonntagsruhe in unserem lieben Tal, in meinem netten und gemütlichen Heim. Der Kursus ging gestern zu Ende, gestern Abend reisten wir in der Hauptstadt ab und heute früh um 8.00 trafen wir denn hier ein. Jetzt sitze ich hier ganz allein, meine Hausgenossen sind weg, der Oberapotheker ist seit gestern auf Jagd, Wm. Erdmann fuhr gestern in Urlaub, (wenn er zurückkommt werde ich fahren können) und Wm. Kornfeld ist zu der Einheit versetzt worden, bei der ich den Kursus
mitgemacht habe. Wenn ich Dir eine Woche lang nicht geschrieben habe mußt Du das entschuldigen, es war uns verboten aus dem Kurs zu schreiben, es wurden allerlei Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Der vorgetragene Stoff war riesig interessant, lebendig und klar. Der folgende Außendienst war dementsprechend, wir hatten vollauf zu tuen. Im Urlaub werde ich Dir davon erzählen können. Mir geht es ganz ausgezeichnet, die Seeluft hat mich nett gebräunt, gestern war ich mit Hptm. Scheve und Fliegeroffizieren zum Segeln, es war einfach prima. – Nun, wo wieder Ruhe um mich ist, gehen meine Gedanken wieder nach Haus und ich denke an den Urlaub und ich freue mich riesig darauf. –
Wie geht es Dir? Ich war erstaunt als ich gestern vielmehr heute früh keine Post von Dir vorfand, bist Du mir etwa böse, das kann ich mir garnicht denken. Ich hoffe Dir geht es gut, und der Sommer ist besser geworden, damit Du Dich in der Sonne aalen kannst. War der Tommy wieder da? Duisburg soll ja noch schlimmer aussehen als unsere Heimatstadt, der kann sich freuen, wenn wir im Osten fertig sind, und da geht der Siegeszug sicher und schnell ostwärts, bis zum Winter werden wir’s schaffen, dann haben wir die Luftwaffe frei, dann fliegt aber keiner mehr ein. Wir hatten wunderbares Wetter, schade – daß das Wasser immer noch zum Baden zu kalt ist.
Du denkst sicher: „Haben die Sorgen!“ Aber warum sollen wir uns die wenige Freizeit, die uns gelassen wird, nicht gut nützen und schön gestalten!
Wie sieht es mit der Verpflegung aus? Hast Du genug zum Beißen? Ich kann Die wirklich nichts Eßbares schicken, Konserven gibt es kaum noch, und wenn doch welche zu kaufen sind sind Alle aus Schwarzblech, die sofort verbraucht werden müssen. Ich spare so allerlei und werde meine Verpflegung für den Urlaub mitbringen. Hummer und Lachszeit sind zu Ende, das waren feine zusätzliche Leckerbissen. Ja, was sollten wir wohl machen, wenn es keinen Fisch gäbe? Soll ich ein Fäßchen Heringe zum Einlegen mitbringen?
Die Kleiderkasse schickte mir Stoffe für
eine Reithose und eine Feldbluse. Es sind noch gute Sachen und ich überlege wo ich die arbeiten lassen soll. Ob Schneider Schulz die Arbeit übernehmen könnte? Ich bringe den Stoff mit in Urlaub, ich bin 17 Tage zu Hause, in der Zeit muß das ein Schneider schaffen können, oder gibt es in Köln noch Militärschneider die mir das machen könnten?
- Übrigens habe ich mich über Bertas Äußerung: „Rudolf könnte überhaupt mehr schicken“, geärgert. Kannst Du Dir das vorstellen? – Ich nicht! – Die Lebensweise als Offz. ist wesentlich teurer wo ich doch nun Alles bezahlen muß, selbst der Alltag macht Kosten. Du weißt, daß ich sparsam bin und nur ungern an das Konto bei der Sparkasse herangehe. Tue ich das mal, ist es bestimmt not-
wendig, darauf kannst Du Dich verlassen. Ich mache keine unnützen Ausgaben und mache nur das mit um nicht aus der Reihe zu tanzen was man als Pflichtabend usw. bezeichnet, ansonsten spare ich. Ich denke, Du kennst mich!
Ich bitte Dich nun heute auf das Konto: Hans Best jr. Köln, Mainzerstr. 35 Edekabank e.G.m.b.H. Köln Gereonshaus Kontonummer K.B. 83 – 86,05 Rm – einzuzahlen. Best hatte mir einen Blankoscheck zur Verfügung gestellt, ich habe damit die Stoffe bezahlt. Die Heereskleiderkasse gibt nur auf schriftliche Bestellung und auf sofortige Bezahlung Sachen ab. Ich wollte mir die Gelegenheit des Kaufes friedensmäßiger Stoffe nicht entgehen lassen. – Soviel über dieses
Thema! – Was gibt es Neues, ich warte mit Sehnsucht auf einen lieben Brief von Dir. Hast Du noch viel Arbeit? Gibt es noch Krawatten? Hat sich das Verdienst gebessert oder verschlechtert? Schreib‘ mir das einmal genau!
Nun schreite ich zum Abendessen, Hartwurst gibt’s, was gibt es bei Muttern? Nun mach‘ ich Schluß!
Dich grüßt und küßt mit
vielen guten Wünschen
Dein großer Junge.