Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 18. Juli 1942
O.-U. den 18.7.42
Mein liebes Mütterlein!
Mußt mir nicht böse sein, wenn ich Dir einige Tage nicht geschrieben habe, vergessen habe ich Dich dennoch nicht, aber hier war so herrliches Wetter, daß ich in meiner kurzen Freizeit nicht den Dreh zum Schreiben bekommen habe. Dienstlich habe ich alles Hände voll zu tuen. Ich leite eine leichtathletische Trainingsgemeinschaft, die viel Arbeit aber auch viel Spaß macht. Wie schon gesagt das Wetter ist einfach phantastisch, die täglichen Sportstunden, wir arbeiten fast den ganzen Tag, machen bei strahlendem Sonnenschein wirklich Laune.
Kommenden Sonntag findet in B. das Regts.-sportfest statt, ich hoffe, daß unsere Arbeit von Erfolg gekrönt wird, und unsere Leute einige Preise holen und schöne Siege mit nach Hause nehmen. Gesundheitlich geht es mir prima, ich bin fast Kaffeebraun, wohl bin ich leichter geworden, das Gesicht spitzer, ich fühle mich aber gesund, frisch und Alles in Allem sauwohl. Immer noch fahren wir wöchentlich nach B. zum Offz.-Unterricht, für uns Provinzler ist das Abendessen im O.-Heim eine kultische Handlung. Wir haben wieder ganz pfundig gegessen, Hummerbrot, gebratenen Lachs und rote Grütze, dazu gab es gutes, altes, deutsches Bier. Dies Alles wünschte ich Dir einmal, wie oft sagen wir wohl: „jetzt müßten die Daheim dabei sein!“
Bei einem solchen herrlichen Sonnentag ist B. eine der schönsten Städte, die ich kenne. Fein wäre es wenn wir später einmal eine Reise dorthin machen könnten. Wir hatten leider auch noch einen anderen Anlaß zu dieser Reise, wieder stand die Batterie am Grabe eines Kameraden, der durch einen tragischen Unglücksfall von unserer Seite gerissen wurde. Beim Säubern der Pistole wurde er von einem Kameraden erschossen, die Kugel ging durch’s Gehirn, er war sofort tot. Ich konnte ihm nur noch die Hände halten und die Augen zudrücken. Zu Hause trauern die Mutter, die Frau und ein Töchterchen. Vor 5 Wochen beerdigten wir einen anderen Kameraden, der durch eine schwere Sepsis zu Tode kam.
Allmählich sehen wir auch die Erfolge unserer Gartenarbeit, Kartoffel, Bohnen, Erbsen, und vor allen Dingen Kohl, stehen gut. Unsere Tomatenplantage war ein Fehlschlag, die gedeihen hier nur im Treibhaus. Augenblicklich hatten wir täglich 1 Kilo Kirschen, der Hardanger liefert sie, wir essen sie mit Heißhunger, Du glaubst nicht wie hungrig wir auf Obst und Gemüse sind. Wir hoffen, daß der Sommer und Herbst uns noch andere Obstsorten schenkt. Wir haben ja Glück in der Obstkammer Norwegens zu wohnen, dieses Jahr bekommen wir bestimmt mehr zu sehen.
Nun frage ich Dich nach Deinem Ergehen und Befinden. Ich hoffe, daß es Dir gut geht, Du zufrieden bist und den Sommer ordentlich nützen kannst.
Wie oft sind wir zusammen in der Hardt gewesen, jetzt begleitet Dich der kleine Fritz, manchen schönen Sommerabend haben wir dort verbracht. – Ich bin recht froh weil Euch der Tommy etwas in Ruhe läßt, jetzt könnt Ihr wieder einmal schlafen. Die Ernte ist also voraussichtlich gut, gestern schrieb mir Berta, stell Dir vor, sie schrieb von der Gartenarbeit und vom Einkochen usw., ich glaube, sie ist ruhiger geworden, auch erwähnt sie wieder den Pelz, den ich in meinem Urlaub mitbringen soll, ich weiß nicht wie ich an das Geld kommen soll. Ich habe allerlei gekauft, die wöchentlichen Reisen kosten auch einen netten Stüber, sparen kann ich kaum. Übrigens danke ich Dir für die Übersendung des Geldes an Frau Buchholtz. Hoffentlich bist Du mir deshalb nicht böse, warum
sieht das nicht gut aus? Wir leiden doch Alle an der Kronenkrankheit, man kann sich doch nichts schicken lassen, und der Oberapotheker spart in Deutschland für eine Jagd, wenn er es nicht gerne täte hätte er es mir d. h. und auch anderen Kameraden nicht selber angeboten.
Warst Du einmal bei Holtz zu Besuch? Geh‘ doch mal hin, vielleicht kommst Du in einen netten, neuen Kreis. Bei Röhrigs hat es gebrannt, sicher warst Du ängstlich! Ein Gewitter macht Dich wohl kaum bange, der Krieg hat Euch viel Schlimmeres gebracht. War die Sonderzuteilung fühlbar? Berta schreibt von Bauschutt und Mühen der immer noch in der Kölner Luft liegt. Ich bin sehr gespannt wie es in der Heimat aussieht.
Riesig freue ich mich auf meinen Urlaub, Genaueres über den Beginn konnte ich noch nicht in Erfahrung bringen, doch denke ich nach wie vor im August zu Hause zu sein. Von Heinrich hörte ich nun schon länger nichts mehr, was erzählt Johanna? Tante Marie geht es nicht gut, Krieg und das lange Regenwetter sind nichts für die armen alten Leute. Wie geht es Oma?
Nochmals danke ich Dir für Deine lb. Briefe vom 2. und 7.7.42. Ich freue mich weil Du gesund und froh bist und mit Freude meinem Urlaub entgegensiehst.
Nun möchte ich Dir zu Deinem Namenstag die allerherzlichsten Grüße und meine besten Wünsche für Glück und Segen, Gesundheit