Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 8. August 1942
K. D. 8.8.42
Mein lieber Rudolf!
Herzlichen Dank für Deinen lieben Brief vom 2.8., den ich heute erhielt. Ich hatte schon so lange gewartet, aber auf Dich. Jeden Tag dachte ich, heute kommt er. 2 x hatte ich von Dir geträumt, Du wärst gekommen. Nächstens schreibst Du nicht so lange im Voraus von Deinem Urlaub. Du meintest doch Ende Juli, + nun wird es doch Ende August. Na, egal, man muß sich in alles fügen. Ich bin jetzt so verlassen, kein Mensch schellt den ganzen
Tag. T. Klärchen ist die Einzige, die mich alsmal besucht. Ja, man wird alt, da kommt keiner gern zu Besuch. Und für die Kinder hat man nichts mehr. Nächste Woche kommen Jansen’s wieder. Sie haben Glück. So zu sagen jede Nacht + jeden Tag, manchmal ein paarmal hängt der Tommy hier. Gestern Nachmittag hat er in Kalk wieder geworfen. Berta fährt nach Thüringen, Elli ist zum Josef. T. Stina quält mich für 8 Tage mit ihr zu gehen, aber in diesem Jahr kann ich es mir nicht leisten, ich habe nicht genug gespart. Trotzdem es wenig gibt, das Geld ist fort, eh man sich
versieht. Jetzt das Einmachen, + all die Namenstage. Für Oma habe ich einen Schirm bekommen. Ich bin froh, daß ich etwas habe. – Warum willst Du denn so genau wissen, was ich jetzt verdiene. Du kannst es ja im Entgeltbuch sehen, wenn Du kommst. Nun genug von hier. Das Wetter ist immer noch trübe. –
Also ich freue mich, daß Du gesund bist + schöne Tage in O. hattest! Du brauchst Dir nichts abzusparen für Deinen Urlaub. Wir werden schon auskommen. Du bekommst ja Marken. Und was wir nicht haben, essen wir eben nicht. Also iß dort alles auf. Das hat keinen Zweck! Man weiß ja auch nicht, wie es mit dem Urlaub wird, je nachdem
der Engländer etwas macht. – Du bist aber optimistisch in Bezug auf den Tommy. Der kommt noch den ganzen Winter, davon kannst Du überzeugt sein. Über Deine finanzielle Lage brauchst Du mir keine Rechenschaft abzulegen. Du bist alt genug, Du mußt wissen, was Du tust. Das Geld werde ich heute oder Montag überweisen. Es ist ja Dein Geld. Es tut mir nur leid, daß ich es Dir nicht alles zurücklegen kann, daß ich selbst keine Reserven habe. Aber ich werde mir jetzt auch etwas sparen. Ich habe mir ein Postsparbuch zugelegt, aber vor längerer Zeit! –
Sonst hier alles beim Alten.
Herzliche Grüße + einen Kuß
Deine alte Mutter.