Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 15. September 1942
Köln-Dellbrück, 17.9.42
Mein lieber Rudolf!
Ich erhielt Deinen lieben Brief vom 9.9.42 mit der Nachricht, daß Du glücklich an Deinem Bestimmungsort angelangt bist. Ich freue mich, daß Du eine gute + schnelle Reise hattest. Da reichte auch wohl Deine Verpflegung aus, ich hatte mir schon Sorge gemacht! Nun hast Du ja wohl viel Arbeit, aber das ist sicher interessant. Ich denke es mir so, auch hast Du wohl eine größere Verantwortung. Da bist Du schnell wieder eingelebt. Auch mir muß die Arbeit über Vieles hinweghelfen. Von Deinen Sachen hörte ich noch nichts. Ich lege Dir ein Verzeichnis der Marken bei, die H. Ermert wünscht. Ich hatte Fr. L. die Raucherkarte bereits gegeben.
Heute will ich auch an Heinrich schreiben. Er ist nochmals operiert worden und soll noch schwach sein. Hoffentlich hält das Herz es aus.
Der arme Kerl muß so viel leiden. Oma macht sich die meiste Sorge! – Vorletzte Nacht war hier wieder allerlei los. 5 Maschinen sind hier in der Nähe abgeschossen worden. Eine liegt in Rath-Heumar bei Mülhens. Es ist uns gesagt worden, so lange die Schule belegt sei, dürften wir nicht mehr in den Luftschutzkeller. – Mittwoch war ich fort Obst holen. 8 Pfund Birnen + 4 Pfd Pflaumen war alles, was ich erobert habe. Ich gehe nicht mehr. Ab nächsten Monat bekommen wir mehr Brot + etwas mehr Fleisch! Morgen mache ich ein Päckchen mit Birnen für Dich zurecht. Bis sie dort ankommen sind sie mürbe. Sonst ist hier alles in Ordnung. Morgen gehe ich nun zum Zahnarzt! Das Wetter ist herbstlich, trübe, stürmisch + kühl! Nun kommt der lange, dunkle Winter. – Ob ich etwas Anderes finde, ist noch fraglich, weil ich keine Vorkenntnisse
habe. Andere haben mehr Glück! Denk Dir, als Apothekenhilfe an Stelle von Frl. Hildebrand bei Reuland ist jetzt Lisbeth Felder in der Apotheke!!! Kannst Du so etwas verstehen? Ein Mädel, die aus dem 5. oder 6. Schuljahr entlassen worden ist! Das das erlaubt wird? Na ja, man muß Glück haben, und das habe ich eben nicht! Und nun alles Gute für Dich, mein Junge! Es grüßt + küßt Dich recht herzlich
Deine Mutter.