Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 18. September 1942
O.-U. den 18.9.
Mein liebes Mütterlein!
Sicher hast Du schon lange auf einen ausführlichen Schrieb von Deinem großen Jungen gewartet und bist ungeduldig geworden. Mein Liebes, ich habe Dich und die Urlaubstage daheim nicht vergessen, ich hatte nur sehr wenig Zeit. Wenn ich jetzt Post erledigen will muß ich schon während der Nacht schreiben. Ich habe wirklich allerlei zu tuen, habe alle Hände voll, muß ich doch jetzt für 120 Leute sorgen und gerade stehen. Ich bin für Alles Geschehen verantwortlich, trotzdem bin ich froh, daß man mir soviel Vertrauen schenkt. Der Kommandeur ließ mich kommen und bot in freundlicher Weise seine Unterstützung an. Vom Chef hörte ich weiter noch nichts.
Ich schrieb Dir ja schon, daß ich eine schöne und bequeme (immer nur Fensterplatz) Reise gehabt habe. Die Anschlüsse klappten fabelhaft, ich war bereits Mittwoch morgens hier, und gleich ging die Arbeit los, denn Obltn. Kaiser, der die Vertretung übernommen hatte, verabschiedete sich. Nun bin ich Herr im Haus! Hier hat es während
meines Urlaubs ständig geregnet, seit heute scheint nun die Sonne wieder, hoffentlich für einige Tage, damit die Bauern das Gras, den dritten Schnitt, hereinbekommen. Fast täglich hatte ich Besichtigungen, heute z. B. Nachrichtengerätbesichtigung durch die Div. Gestern Kfz.appell durch Herren des höh. Kommandos. Du siehst es fehlt nicht an Abwechslung.
Am Mittwoch war ich in B. zum Offz. Unterricht habe Siv aber nicht gesehen. Sie liegt noch zu Bett!
Für Deine lieben und herzlichen Glückwünsche zu meinem Geburtstag vielen, vielen Dank. In kleinem Kameradenkreis haben wir ihn gefeiert, wir waren zu viert. Ltn. v. Born, Feldapoth. Koenen, Erdmann und ich. Das Uffz-Korps schenkte mir einen fabelhaften Nelkenstrauß. Na, der kostete dann später eine Runde.
Mütterlein, wie geht es Dir? Kopf hoch, uns geht es immer noch ganz gut, wir sind gesund und verstehen uns. Denk‘ mal an Heinrich, den armen Kerl, oder an Familien, die nur Streit, Neid und Mißgunst kennen. Dann sind wir immer noch glücklich. Denk an Fritz
Reuters Spruch: „Det is man en Övergang!“ Auch dieser Orlog geht vorüber und dann wird geschafft, Arbeit gibt es dann, die nur auf unsere ausgeruhten Arme wartet.
Heinrichs Verwundung machte mir schon immer Sorgen. Die Ärzte warteten mir zu lange, das hatte seinen Grund. Wie ist Oma die Reise bekommen, was sagt sie zu Heinrich?
Nun komme ich mit einer Bitte. Die Uniform schickst Du mir nach, ja? Du muß mit dem offenen Paket zum W.B.K. die senden das dann als Dienstpaket zu meiner Feldpostnummer. Tust Du das für mich? Ich bin gespannt, wie sie aussieht und wie sie sitzt.
Ich schickte Dir Päckchen mit Heringen, sind sie gut angekommen? Heringe sind ab 15. d. M. auch rationiert worden. Was soll man jetzt noch kaufen? Ich werde jetzt meine Bücher Stück für Stück nach Hause schicken, gestern kaufte ich noch 3 kleine Bändchen von R. Binding.
Ich glaube, ich muß ein Schwein schlachten, wir bekommen sie nicht mehr
satt, es ist schade, aber die fangen an Gewicht zu verlieren.
Sonstige Umwälzungen gibt es nicht! Hier geht Alles den gewohnten Gang von Versetzung kann wohl keine Rede sein. – Ich habe ein Gesuch auf Studienurlaub von Stapel gelassen, gibt es was – ist’s gut, wird es abgelehnt, kann ich mir keine Vorwürfe machen. Der stellv. Kommandeur Hptm. Berg war derselben Ansicht.
Und nun schließe ich mit meinem Dank für Dein treues Gedenken und mit vielen und lieben Grüßen.
Es küßt Dich
Dein Junge.