Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 24. Oktober 1942
Samstag-Nachmittag, 24. Okt. 42
Mein lieber Rudolf!
Ich bin ganz enttäuscht + traurig, es scheint so, als ob Du nicht kämst. Ich weiß ja, es liegt nicht in Deiner Macht, aber die ganze Woche habe ich mich gefreut. Und gestern, nachdem ich abgeliefert hatte, habe ich die Wohnung schön gemacht, Dein Bett bezogen, gebacken, bis Mitternacht habe ich gearbeitet, und noch nach dem Alarm um 2 Uhr nachts, damit ich alles fertig hatte, wenn Du heute kämest. Ich habe Mittag gekocht, Fleisch schon in Vorrat geholt + Gemüse, und nun kommst Du nicht! Das tut mir so leid, ich könnte weinen. Auch kann ich das ja, wenn Du nun nächsten Sonntag kommst, garnicht aufholen, soviel bekomme ich ja nicht.
Was liegt nun vor? Ich hoffe nicht, daß Du krank bist, sondern daß dienstliche Angelegenheiten
der Grund Deines Ausbleibens sind. Post bekomme ich auch nicht! (Seit Dienstag) Ja, Ja, immer Enttäuschungen! Ist bei Euch auch das Wetter so mieß, Regen + Sturm. Heute hat Marga Bartz Hochzeit, sie schickte eine Anzeige, auch H. Bartz schrieb. Elli ist nach Vechta, Josef hat das Schlüsselbein gebrochen. Da kommt die Post, Du kommst also nicht!
Gruß + Kuß Mutter.
Ich hätte das Gesuch noch nicht eingereicht! Um ein Jahr früher fertig zu sein, bindest Du Dich fürs Leben. Und was wird aus mir? Nähen bis ans Lebensende + Alleinsein.
D. O.