Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 9. November 1942
O.-U. den 9.XI.42
Liebe Mutter!
Heute erhielt ich Deine lb. Briefe vom 3. u. 6. d. M. Für Beide, für Deine lieben Worte und Dein treues Gedenken, für Dein Verständnis, das du meinem Entschluß entgegenbringst, danke ich Dir. Nun wirst Du ja wissen wo ich mich aufhalte, es gefällt mir von Tag zu Tag besser, an das Flachland habe ich mich nun schon gewöhnt. Meinem Pferd, einem schönen Dunkelfuchs, gefällt die Weite und die fette Weide auch. Gestern unternahm ich mit Oberarzt Dr. Pennings, den ich beim Kirchgang traf, nach der Messe um 10.30 Uhr eine kleine Radtour, wir waren an der offenen See, viel schönes sahen wir. Wir besichtigten das Haus in dem der Kronprinz 5 Jahre zubringen mußte. Pennings ist alter N.D.er, wir erinnerten uns an manchen alten Bekannten und an feine Fahrten im Jungenkreis.
Die kath. Kirche des Dorfes ist natürlich ein Backsteinbau in moderner Art, Basilikenstil, mit freiem, hohem Altar, hinter dem ein herrlicher Wandteppisch hängt. Von der Predigt verstand ich nicht allzu viel. Der Pfarrer sprach über den Apostel der Niederlande, den Iren Willibrod.
Übrigens vergaß ich zu erzählen, daß Pennings Bernd und Konrad Herhaus kennt, letzterer soll bei der Marine sein.
Heute war hoher Besuch da, es stand mal
wieder alles Kopf. Mich kann nichts mehr erschüttern, ich glaube, mein Fell ist noch dicker geworden. Morgen müssen wir umziehen, die Pferde stehen zu eng, wir gehen in’s Nachbardorf. Mir tut es leid, meine Quartierleute verlassen zu müssen. Sie waren wirklich nett. Jetzt komme ich in ein Hotel, und die Behandlung dort kannst Du Dir wohl vorstellen. Frau van de Viel, so heist die Dame des Hauses, bat mich doch mal zu versuchen ob es in Deutschland für ihren kleinen Vim noch ein Tirolerhütchen mit Hahnenfeder zu kaufen gäbe. Ich habe es ihr versprochen und bitte Dich Dich einmal umzusehen, es soll Dein Schaden nicht sein, denn de Viels wollen mir Marken zur Verfügung stellen, damit ich etwas für Weihnachten kaufen kann, dann wollen sie mir auch Mehl geben, vielleicht freust Du Dich etwas für Deine Bäckerei zu bekommen.
Obst gibt es im Augenblick reichlich, ich esse täglich mein Kilo Birnen oder Äpfel, manchmal kaufen wir sogar Weintrauben. Ich habe Marken da, schicke sie aber nicht, Du sollst Dir nichts absparen.
Es ist betrüblich, daß Du mit der Zahnbehandlung nicht vorankommst, ja überall ist der Krieg spürbar. Die Führerrede habe ich nicht hören können, sie soll sehr zuversichtlich gewesen sein. Was mag in Afrika geschehen? Heute hörten wir wieder eine stolze Sondermeldung.
Wir haben hier schönes, sonnig warmes Wetter. Ist es daheim auch so? Schreibst Du bald?
Von Heinrichs Besserung höre ich gern! Über mein Gesuch ist noch nichts bekannt.
Mit Gruß u. Kuß schließe ich.
Dein Junge.