Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 14. November 1942
Samstag Nachmittag, 14.11.42
Mein lieber Junge!
Für 2 liebe Briefe muß ich Dir heute danken, vom 7. + 9.11. Ich bin so froh, daß Du es so gut getroffen hast, und jetzt wohl auch andere Kost bekommst, als in N. Das ist gut für Deinen Körper, auch, daß Du tüchtig Obst ißt. Nutze die Zeit nur aus, solange Du es haben kannst. Aepfel bekommen wir hier nicht mal. Nur schade, daß Du aus Deinem Quartier mußtest. Wie ist es an der neuen Stelle? Sicher nicht so gemütlich? Und daß Du auch dem Gottesdienst beiwohnen kannst, ist ja sehr schön. Dann weißt Du auch, daß Sonntag ist! Und einen netten Kameraden hast Du kennengelernt, mit dem Du aus der Jugendzeit plaudern kannst, fein!!!
Um nun gleich auf Deine Bitte zu kommen betr. des Hütchen. Ich glaube ja nicht, daß ich es besorgen kann, denn Berta, die ihrem Kleinen so ein Tirolerjöppchen hat anfertigen lassen, hat sich schon bemüht. Ich will aber noch mal sehen, auch in Gladbach + Mülheim. Also laß Dir noch nichts geben, ich glaube nicht, daß ich etwas bekomme. Gerne nähme ich ja etwas für die Bäckerei, könntest Du vielleicht Rosinen, Korinthen + Cacao bekommen. Du hast ja sicher gehört, daß wir zu Weihnachten allerlei bekommen. Man müßte es nur etwas früher geben, wegen der Päckchen. Am 30. Nov. ist letzter Ablieferungstermin für Weihnachtspäckchen. Den ganzen Dezember kann man nichts schicken. Ich werde es so machen, 2 Päckchen schicke ich Dir vor dem Fest, einen kl. Stollen nachher, 1. fehlt mir
dazu noch allerlei + 2. würde der ja zu trocken, wenn er 4 Wochen vorher gebacken wird! Du verstehst das ja. Nun schicke mir aber bitte sofort Marken, auch willst Du ja die Wäsche haben. Dazu schicke ich Dir nichts Eßbares, denn ich denke, daß Du doch das ein oder andere kaufen kannst! So kannst Du Deine Verpflegung etwas aufbessern! Wie ist das Essen dort?
Ich freue mich, daß Dir die Landschaft dort auch gefällt. Du hast ja eine glückliche Natur, die sich schnell umstellen kann. Und das „dicke Fell“, wie Du schreibst, ist manchmal auch etwas wert! Wir können froh sein, daß Du es gut getroffen hast! – Die Papiere von Vater sind bestimmt nicht hier. Hast Du denn nach Bornheim geschrieben? Wenn Du kommst, sprechen wir darüber. – Ja, wie mag es in Afrika werden? – Hier ist seit 14 Tagen
das rechte Novemberwetter, dunkel, neblig + still. Aber, für eins ist es gut, der Tommy kommt dann nicht. Er wird auch wohl in Afrika zu sehr beschäftigt sein. – Mir geht’s gut! Unsere Oma war nicht gut. Sie war 2 Tage hintereinander in die Berge gewesen, bis Hommerrich zu Fuß + schwer zu tragen, da hat sie am andern Morgen beim Frisieren einen Schwindel bekommen, auch die Hand war schlaff geworden, es war ihr schlecht. Sie hat sich hingelegt. Gestern Abend war ich da, da ging es wieder. Wenn sie doch mal nicht mehr da wäre, das wäre einem komisch! – Der August Acker, der lange, er war bei Dir auf der Schule, ist vom Feindflug nicht zurückgekehrt. Die Mutter würde immer noch hoffen, daß sie vielleicht doch noch etwas hörte. Schrecklich, die Frau hat auch nur den Jungen! – Für heute Schluß.
Empfange recht herzliche Grüße + einen festen Kuß
von Deiner Dichl. Mutter.