Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 18. November 1942
Köln-Dellbrück, 18.XI.42
Mein lieber Rudolf!
Heute erhielt ich zwei liebe Briefe von Dir und ich will sie sofort beantworten + Dir dafür danken. Ich bin so froh, daß es Dir gut geht, daß Du zufrieden + frohen Mutes bist, und auch, daß die Verpflegung gut ist. Insbesondere, daß Du tüchtig Obst + Gemüse bekommst. Das tut gut vor dem Winter und nach der vielen Fischkost! Es ist wirklich nett, daß H. Kirste an Dich denkt, ich würde doch eine Marke schicken. Auch ich habe eine T. Stina gegeben. Morgen geht das Päckchen mit dem Hemd + dem Schlafanzug ab. Dann folgen 2 Weihnachtspäckchen. Oder ob Du zu Weihnachten in Urlaub kommst? Weißt Du noch nichts? Hörtest Du noch nichts von Deinem Gesuch?
Das ist ja ein reizendes Kärtchen, daß die Geburt des kleinen Wim van de Wiel anzeigt. Übrigens war ich gestern in Gladbach + habe mich dort umgesehen wegen des Hütchens! Auch in Köln habe ich bis jetzt keinen Erfolg gehabt. – Also von Deinen alten Kameraden hörtest Du auch? Wärst Du lieber noch dort? Ob die wohl n ach Schweden kommen. Richard ist wieder in Urlaub, nachdem er kaum 14 Tage weg war. Er ist in Berlin, zu einem Kursus der schwedischen Sprache, zu dem er sich vor langer Zeit gemeldet hatte. Frau Plantz ist obenauf. Er sei nur unter gebildeten Leuten u.s.f. Auf die Militärärzte schimpft sie in allen Tonarten, sie wären Schw.----, könnten nichts u.s.w. Der älteste Sohn solle nach dem Osten, er solle sich den Krieg ansehen, und dann ein Kriegsbuch schreiben, er wolle aber nicht.
Du siehst, sie ist immer noch die Alte. Ich habe auch gestern in Gladbach nichts kaufen können. Ich werde nichts zu Weihnachten haben, noch nicht einmal für die Kinder. Auch Berta läuft + läuft, Onkel A. will etwas anfertigen für den kleinen Stropp. Heute morgen hatte er zu T. Finchen gesagt: „Wo warst Du Tante?“ „In der Kirche, ich habe gebetet für den Willi + für Dich. Da sagte er: „Du brauchst für mich nicht zu beten, das tut meine Mama!“
Auch für Dich werde ich nichts kaufen können, einen Koffer wollte ich haben. Nur Geschäftsleute bekommen was, oder wenn man etwas dagegen gibt. Ob das nicht bald geändert wird? Die Leute schimpfen.
Ja, es tut einem weh, wenn man denkt, daß das, was wir seinerzeit in Afrika unter großen Opfern erkämpft haben, nun preisgegeben werden muß. Aber, wir wollen hoffen.
Von meinem Alltag soll ich erzählen? Da ist immer dasselbe. Nähen + der Haushalt. Am Sonntag konnte ich nicht raus, T. Anna aus Iddelsfeld war hier mit Jüppchen, am Abend kam Josef sie abholen. Am Sonntag soll ich ihr backen. Das tu ich gerne. Sonst alles im Lot! Heute Nacht ist wieder Übungsschießen der Flak, jede Mittwoch Nacht von 11-1 Uhr. Darum will ich schließen, damit ich etwas vorher schlafe. Alles Gute wünscht Dir mit herzlichem Gruß + Kuß
Deine Mutter.